Wie thematisieren die Länder sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Schulen?
In Deutschland gehen die Länder sehr unterschiedlich mit der Integration von Themen rund um sexuelle und geschlechtliche Vielfalt um. In einigen gibt es diesbezüglich klare Vorgaben im Bereich Sexualkunde / Sexualerziehung. In anderen erhält der Themenbereich unterschiedliche große Relevanz in den Fächern Biologie, Ethik oder Sachkunde. Wie die Vorgaben von den Lehrkräften tatsächlich umgesetzt werden, ist offen.
Bildungspläne der Bundesländer
Wie thematisieren die Länder sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Schulen?
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Die seit 2016 geltenden Bildungpläne für das Land Baden-Württemberg enthalten eine übergeordnete Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“.
Aus der Leitperspektive:
„Der konstruktive Umgang mit Vielfalt stellt eine wichtige Kompetenz für die Menschen in einer zunehmend von Komplexität und Vielfalt geprägten modernen Gesellschaft dar. In der modernen Gesellschaft begegnen sich Menschen unterschiedlicher (…) geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung. Kennzeichnend sind Individualisierung und Pluralisierung von Lebensentwürfen.
Kernanliegen der Leitperspektive ist es, Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern. Grundlagen sind die Menschenwürde, das christliche Menschenbild sowie die staatliche Verfassung mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie.
Schule als Ort von Toleranz und Weltoffenheit soll es jungen Menschen ermöglichen, die eigene Identität zu finden und sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren. Indem Schülerinnen und Schüler sich mit anderen Identitäten befassen, sich in diese hineinversetzen und sich mit diesen auseinandersetzen, schärfen sie ihr Bewusstsein für ihre eigene Identität. Dabei erfahren sie, dass Vielfalt gesellschaftliche Realität ist und die Identität anderer keine Bedrohung der eigenen Identität bedeutet.“
Die Themen „Familien- und Geschlechtserziehung“ sind sowohl in der Grund- als auch in den weiterführenden Schulen in verschiedene Fächer eingebunden. -
Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat 2016 "Richtlinien für die Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen" in Kraft gesetzt. Diese sollen im Rahmen mehrerer Fächer umgesetzt werden:
Auszug aus den Richtlinien:
„Familien- und Sexualerziehung trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler ihre eigene körperliche und geistig-seelische Entwicklung nicht unvorbereitet erleben, ihre Geschlechtlichkeit, die damit verbundenen Gefühle, die gegebene geschlechtliche Identität sowie sexuelle Orientierung wahrnehmen (…).
Sie leistet einen Beitrag dazu, dass Kinder und Jugendliche sexuelle Identität als Teil der Persönlichkeit eines Menschen auffassen (…).
Schülerinnen und Schüler verstehen, dass Menschen ihre Geschlechtlichkeit unterschiedlich empfinden können und im Rahmen ihrer moralisch-ethischen Vorstellungen selbstverantwortet ihr Leben gestalten (…).
In höheren Jahrgangsstufen werden vor dem Hintergrund der verfassungsmäßigen Bedeutung von Ehe und Familie unterschiedliche Lebensformen und sexuelle Orientierungen (Hetero-, Homo-, Bisexualität) vorurteilsfrei von der Lehrkraft angesprochen (…).
Schülerinnen und Schüler (…) schlüsseln die Vielfalt der unter dem Geschlechtsbegriff subsumierten Aspekte auf: biologisches Geschlecht, selbst empfundene Geschlechtsidentität und Rollenverständnis (…);
achten die eigene sexuelle Orientierung und die sexuelle Orientierung anderer (Hetero-, Homo-, Bisexualität); achten und wissen um Trans- und Intersexualität.“
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Im seit 2017 geltenden gemeinsamen „Rahmenlehrplan Bildung und Erziehung in den Jahrgangsstufen 1 – 10“ heißt es:
„Alle Schülerinnen und Schüler haben gemäß der landesspezifischen Regelungen ein Recht auf eine gemeinsame und bestmögliche Bildung. Dieser Anspruch besteht unabhängig von z. B. körperlichen und geistigen Potenzialen, Herkunft, sozioökonomischem Status, Kultur, Sprache, Religion, Weltanschauung sowie sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität. Die dadurch gegebene Vielfalt stellt eine Bereicherung und Ressource dar. Die Schule bezieht diese Vielfalt gezielt und konstruktiv in den Unterricht und das Schulleben ein.“
In dem Abschnitt „Fachübergreifende Kompetenzentwicklung“ heißt es zur Bildung zu Akzeptanz von Vielfalt (Diversity):
"Die Schule in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft basiert auf dem Wissen um die Universalität, Unteilbarkeit, Unveräußerlichkeit und Interdependenz von Menschenrechten. Sie zeichnet sich durch die Wertschätzung sozialer, geschlechtlicher, sexueller, altersbezogener, körperlicher, geistiger, ethnischer, sprachlicher, religiöser und kultureller Vielfalt aus. Wenn alle am Bildungsprozess Beteiligten, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, als Individuen Achtung und Anerkennung erfahren, entfalten sie angstfrei ihr Bildungspotential und ihre Kreativität. So tragen sie zu einem von Respekt, Akzeptanz und Offenheit geprägten sozialen Miteinander bei. Eine Reflexion der eigenen Haltung und das Wahrnehmen von Vielfalt sind hierbei von Bedeutung.“
„Die Schülerinnen und Schüler setzen sich u. a. mit Freundschaft, Partnerschaft, Liebe und Familie auseinander. Dabei wird die Vielfalt der Lebensweisen, der sexuellen Orientierungen und des Geschlechts einbezogen. Sie können sexuelle Orientierungen von den Kategorien Geschlecht (soziales und biologisches) und Geschlechtsidentität unterscheiden. Schülerinnen und Schüler lernen ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu äußern, aber auch eigene Grenzen und die anderer wahrzunehmen und zu achten. Sie reflektieren ihren Sprachgebrauch und lernen, ihre Körpersprache zu verstehen. Sie analysieren die Verfügbarkeit und Darstellung von Körperidealen und Sexualität in den Medien und reflektieren den eigenen Umgang damit. So erwerben die Schülerinnen und Schüler die notwendigen Kompetenzen für ein vorurteils- und diskriminierungsbewusstes Miteinander und Füreinander aller an Schule Beteiligten. Dabei ist die Akzeptanz sexueller Vielfalt ein wichtiges Ziel des Kompetenzerwerbs.“
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In Bremen wurde 2013 eine Verfügung zur schulischen Sexualerziehung veröffentlicht, in der die Ziele des Sexualunterrichts festgeschrieben sind:
„Schule leistet dabei Ihren Beitrag im gesellschaftlichen Kontext im Sinne der Zielvorstellung einer Gesellschaft, die die Vielfalt der Lebensweisen und sexuellen Identitäten respektiert und schützt. Die Grundsätze des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) von 2006 sind dabei (…) zu beachten.
In vielen Klassen finden sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die bezüglich ihrer sexuellen Identität unsicher sind und ein Recht darauf haben, in diesem Lebensraum angemessen unterstützt zu werden. Ein offener und respektvoller Umgang mit Schülerinnen und Schülern und allen an Schule Beteiligten bezüglich ihrer sexuellen Identität gehört zum Selbstverständnis von Schule.
Sie verfolgt das Ziel, die gesellschaftlich noch vorhandenen Stereotype gegen Homo-, Bi- und Transsexuelle abzubauen und greift deren Lebenswirklichkeit auf. Zielvorstellung ist, dass auch dieser Personenkreis in unserer Gesellschaft einschließlich der Schulen leben kann, ohne verbale und körperliche Gewalt befürchten zu müssen.
Zur Umsetzung dieser Aufgaben und Ziele sind folgende Themen in der schulischen Sexualerziehung zu berücksichtigen:
Die Pluralisierung und Vielschichtigkeit der Lebensformen
Die Umsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter in allen Lebensbereichen
Die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen und die Achtung der Person des anderen
Liebe, Freundschaft, Emotionalität und Sex, Umgang mit Sexualität in Peergroups
Sexuelle Orientierung: Heterosexualität, Homosexualität, Bisexualität
Geschlechtliche Vielfalt: Transsexualität und Intersexualität
Die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebes- und Lebensweisen
Die Akzeptanz der Sexualität Behinderter
Die Verbreitung und die Folgen von AIDS und anderen sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten
Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
Die Darstellung von Sexualität in den Medien und die Auswirkungen der zunehmenden Sexualisierung der Medienwelt
Die unterschiedlichen Werte und Normen im Bereich von Partnerschaft, Sexualität und Gleichberechtigung der Geschlechter vor dem Hintergrund von Migration und im Kontext interkultureller Sexualerziehung“
Bezüge zu den Bildungsplänen werden fächerübergreifend gezogen.
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In den Hamburger Bildungsplänen heißt es bezüglich der Sexualerziehung der verschiedenen Schulen:
„Mindestanforderungen für den ersten Schulabschluss: (…)
Die Schüler akzeptieren Menschen unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung (…)
Themenfelder für den ersten Schulabschluss: (…)
Sexualität und Identitätsfindung: z. B. Hetero, schwul, lesbisch oder bi (…)
Themenfelder für den mittleren Schulabschluss: (…)
Sexualität und Identitätsfindung: z. B. Für Vielfalt – gegen Homophobie! (…)
Mindestanforderungen am Ende der Jahrgangsstufe 6:
Die Schülerinnen und Schüler (…)
hinterfragen kritisch Rollenbilder zu „Frau sein“ und „Mann sein“ (…)
Anforderungen und mögliche Themenfelder am Ende der Jahrgangsstufe 10: (…)
Die Schülerinnen und Schüler können sich in die Gestaltung eines Schullebens ohne Diskriminierungen bezüglich des Geschlechts und der sexuellen Orientierung einbringen,
Sexualität und Identitätsfindung: sexuelle Identitätsentwicklung und Vielfalt der Lebensformen (…)“
Im Januar 2017 wurde außerdem der Aktionsplan des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt verabschiedet. Darin ist festgelegt, dass Aufklärung und Sensibilisierung ausdrücklich in Schulen stattfinden soll.
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Zum Beginn des Schuljahres 2016/17 ist ein neuer Lehrplan zur Sexualerziehung in Kraft getreten: „Lehrplan Sexualerziehung: Für allgemeinbildende und berufliche Schulen in Hessen“:
Die Sexualerziehung wird hierin als fächerübergreifender Erziehungsauftrag der Schule definiert.
„Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist bei der Sexualerziehung Zurückhaltung zu wahren sowie Offenheit und Toleranz gegenüber verschiedenen Wertvorstellungen zu beachten und jede einseitige Beeinflussung zu vermeiden.“
„Ziel der Sexualerziehung ist, Schülerinnen und Schülern ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Verständnis für die Verschiedenheit und Vielfalt der partnerschaftlichen Beziehungen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten in unserer Gesellschaft zu vermitteln. Die Sexualerziehung soll überdies die gesellschaftlichen Realitäten berücksichtigen und wertegebunden sein.
Gegenstand der Sexualerziehung in Schulen soll die Vermittlung von Wissen über die Existenz unterschiedlicher Partnerschaftsformen und Verständnisse von Familie, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten und deren Akzeptanz sein.“
Explizit erwähnte Ziele und Aufgaben der schulischen Sexualerziehung:
„Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen (LSBTI).“
Aufklärung und Information über:
- Coming Out
- die Vielfalt sexuellen Orientierungen und geschlechtlicher Identität
- universelle Menschenrechte und Schutz vor Diskriminierung
- Beratungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität
- Schulische Sexualerziehung soll verschiedene Aspekte von Sexualität berücksichtigen: Fortpflanzung, Identität, Beziehung, Kommunikation, Lust, Selbstbestimmtheit
Vermerke an Lehrkräfte:
„Wenn Sexualerziehung Schülerinnen und Schüler zu verantwortlichen Entscheidungen im Hinblick auf Sexualität befähigen will, kann sie sich nicht auf Wissensvermittlung (Sexualkunde) beschränken. Sie kann nur gelingen, wenn Lehrkräfte sich als Aufklärende begreifen, die den Auftrag haben, den Schülerinnen und Schülern das Thema Sexualität, sexuelle Selbstbestimmung und sexuelle Vielfalt im Rahmen der Werteordnung des Grundgesetzes und der Menschenwürde nahezubringen.“
„Ein schulisches Leitbild, das sich für die Akzeptanz verschiedener sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten einsetzt, kann sich demgegenüber positiv auf den Umgang der Schülerinnen und Schüler mit dem Thema sexuelle Vielfalt auswirken.“
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Der „Rahmenplan Gesundheitserziehung“ gilt für die Jahrgangsstufen 1-13 aller allgemeinbildenden Schulen im Bundesland.
Im Bereich „Sexualerziehung“ ist die Thematisierung von Homosexualität und Gender Mainstreaming als leitendes Prinzip genannt. -
Im Kerncurriculum zum Sachunterricht für die Grundschule Schuljahrgänge 1-4 wird an einer Stelle explizit sexuelle Vielfalt erwähnt:
„Der Sachunterricht fördert zum einen die Demokratiefähigkeit im Sinne von Mündigkeit, Selbstbestimmung, Mitbestimmung, Solidarität und Gleichberechtigung, zum anderen trägt er zur Persönlichkeitsbildung der Schülerinnen und Schüler bei und berücksichtigt hierbei auch die Vielfalt sexueller Identitäten.“
Im Curriculum „Biologie, Chemie, Naturwissenschaften, Physik“ Gymnasium-Sek.1:
„Der Unterricht im Fach Biologie… thematisiert auch die Vielfalt sexueller Identitäten.“
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Die bereits 1999 erlassenen Richtlinien für die Sexualerziehung regeln die Grundlagen der Sexualerziehung:
Auszüge aus den Richtlinien:
„Auch andere Formen des Zusammenlebens müssen im Unterricht thematisiert werden, so dass die gesamte gesellschaftliche Situation in den Blick kommt: Alleinerziehende, unverheiratete Eltern, Partnerschaft ohne Kinder, Stieffamilien, Adoptivfamilien, gleichgeschlechtliche Partnerschaften sowie Leben im Heim.“
„In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen sexuellen Lebensweisen besteht die Chance, die eigene Sexualität zu reflektieren, die eigene sexuelle Identität zu finden und bewusst dazu zu stehen. In der Sexualwissenschaft besteht Konsens darüber, dass sich menschliche Sexualität auf vielfältige Weise ausdrücken kann. Demnach sind Hetero-, Bi-, Homo- und Transsexualität Ausdrucksformen von Sexualität, die, ohne Unterschiede im Wert, zur Persönlichkeit des betreffenden Menschen gehören. Die Sexualerziehung dient der Ausbildung und Förderung gegenseitiger Akzeptanz unter allen Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Identität und den damit verbundenen Beziehungen und Lebensweisen. Sie leistet damit ihren Beitrag zum Abbau der Homosexuellenfeindlichkeit und zur Beseitigung der Diskriminierung von homo-, bi- und transsexuellen Menschen. Für den konfliktreichen Prozess der Suche nach sexueller Orientierung und sexueller Entfaltung brauchen Jugendliche ein Klima, das die Vielfalt sexueller Möglichkeiten achtet. Entscheidend sind vor allem persönliche Vertrauensbeziehungen. Im Einzelfall kann auch der Rat von Fachleuten oder entsprechenden Einrichtungen hilfreich sein. Dabei haben die Lehrerinnen und Lehrer eine „Brückenfunktion“, indem sie die Jugendlichen z.B. auf weiter gehende Hilfs- und Beratungsangebote aufmerksam machen. Auch für die Lehrerinnen und Lehrer selbst bietet die Zusammenarbeit mit Beratungsstellen, Selbsthilfeorganisationen oder außerschulischen Expertinnen und Experten eine konkrete Unterstützung auf der Grundlage dieser Richtlinien (…).“
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Die Richtlinien zur Sexualerziehung aus dem Jahr 2009 greifen das Themenfeld „Sexuelle Vielfalt und sexuelle Identität als Teilbereiche pädagogischer Arbeit“ auf:
„Die Landesregierung spricht sich gegen jede Form der Diskriminierung aus und tritt für die gesellschaftliche Akzeptanz der unterschiedlichen sexuellen Identitäten ein. Sie will die Akzeptanz der Vielfalt sexueller Identitäten und den daraus erwachsenden sogenannten ‚queeren‘ Lebensweisen durch einen Landesaktionsplan fördern, der auch vom Bildungsministerium mitgetragen wird. Unter sexueller Identität im Sinne dieses Landesaktionsplans versteht die Landesregierung die sexuelle Orientierung, die geschlechtliche Identität und den Geschlechtsausdruck (…). Übergreifende Bildungsziele sind (…) die Vermittlung grundlegender Werte der Verfassung. Schule muss eindeutig gegen Diskriminierung und fehlende Toleranz Stellung beziehen.“
Sexualerziehung ist in Rheinland-Pfalz ein fächerübergreifend zu unterrichtendes Querschnittsthema und soll mindestens in Deutsch, Sachunterricht, Religion/Ethik und Sport (Grundschule) sowie Biologie/Naturwissenschaften, Religion/Ethik, Deutsch, Sozialkunde und Sport (Sekundarstufe I und II) beachtet werden.
Geschlechterrollen und Identitätsfindung (Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Geschlechterrollen, Erwachsenwerden, sexuelle Identität und Orientierung: z.B. Heterosexualität, Bisexualität, Homosexualität) werden als Thema für Sekundarstufe I und II genannt.
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Im Saarland sind mit Beginn des Schuljahres 2013/2014 neue Richtlinien zur Sexualkunde an allen saarländischen Schulen in Kraft getreten.
Auszüge aus den Richtlinien:
„Schulische Sexualerziehung ist eine gemeinsame Aufgabe von Elternhaus und Schule (…). Schulische Sexualerziehung knüpft an die individuelle Sexualerziehung des Elternhauses und des Kindergartens an, ergänzt diese und führt sie weiter (…). Sie soll Kindern und Jugendlichen ein sachliches, wissenschaftlich begründetes Wissen um Sexualität und deren Zusammenhänge mit anderen Lebensbereichen vermitteln und sie beim Aufbau einer eigenen sexuellen Identität unterstützen. Homo-, bi-, trans- oder intersexuelle Schülerinnen und Schüler bedürfen dieser Unterstützung in besonderem Maße.“
„Sexualerziehung soll dazu beitragen, vorhandene Vorurteile abzubauen. Sie soll zur Achtung der Würde und Eigenart des Mitmenschen, zur Toleranz und gegenseitigen Rücksichtnahme erziehen, auch wenn sich die sexuelle Identität des Mitmenschen von der eigenen sexuellen Identität unterscheidet.“
Lehrer_innen verschiedener Fächer wie Naturwissenschaften, Biologie, Religion, Ethik, Geschichte, Sozialkunde, Politik, Sport, Bildende Kunst, Deutsch und Fremdsprachen sind aufgefordert, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen.
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Der "Orientierungsrahmen für die Familien- und Sexualerziehung an sächsischen Schulen" von 2016 legt folgende Ziele, Aufgaben und Inhalte des Unterrichts fest:
„(…) Toleranz gegenüber unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, Verhaltensweisen und Lebensstilen anhalten und motivieren, Diskriminierungen entgegenzuwirken.“
„Gesellschaftliche Einstellungen zum Sexualverhalten der Menschen (wie u. a. zur Homosexualität) haben sich in den letzten Jahren verändert. Familien- und Sexualerziehung sollte dazu beitragen, dass unterschiedliches selbstbestimmtes Sexualverhalten, das die Würde des Menschen wahrt, keine Bewertung erfährt und als Teil der individuellen Persönlichkeit akzeptiert wird.“
„Homosexualität und andere Ausdrucksformen sexueller Vielfalt (vor allem Bi-, Inter- und Transsexualität)“
„Auseinandersetzung mit Sex, dem biologischen, und Gender, dem sozialen und psychischen Geschlecht.“
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Der Erlass zur "Sexualerziehung an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt" aus dem Jahr 2015 regelt die Grundsätze der schulischen Sexualerziehung:
Auszüge aus dem Erlass:
„Im Rahmen umfassender Sexualerziehung müssen insbesondere psychosoziale Phänomene, wie Zuwendung, Zärtlichkeit, Partnerschaft und Liebe behandelt werden. Dabei sollen die verschiedenen Formen des Zusammenlebens, ebenso wie die verschiedenen sexuellen Identitäten, behandelt werden (…). Die sexuelle Identität ist Thema schulischer Sexualerziehung. Die sexuelle Orientierung des Einzelnen ist Ausdrucksform der sexuellen Identität; sie beinhaltet die Richtung des geschlechtlichen Begehrens sowohl in Bezug auf sexuelle Lust als auch auf Partnerschaft und Liebe (…).
Die schulische Sexualerziehung dient der Ausbildung und Förderung von Toleranz, Offenheit und Respekt vor den Lebensentwürfen aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung (…). Schulische Sexualerziehung leistet damit einen Beitrag zum Abbau von Homo- und Transphobie und zur Beseitigung der Diskriminierung von homo- und bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Schule soll über die Vielfalt von Geschlecht und Geschlechtsidentität sowie deren Gleichwertigkeit aufklären.“
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In den „Fachanforderungen Naturwissenschaften Sek. I (2014) für den Jahrgang 5/6“ sind unter „Kompetenzerwartungen zum Basiskonzept Entwicklung“ „Sexualität des Menschen“ und „Sexuelle Orientierung“ als verbindliche Fachinhalte aufgelistet.
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Der „Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre“ widmet sich im Kapitel zu bildungswissenschaftlichen Grundlagen dem Umgang mit geschlechtlicher und sexueller Vielfalt.
Auszüge aus dem Bildungsplan:
„Ziel einer pädagogischen Arbeit, die die Individualität und Einmaligkeit von Kindern und Jugendlichen ernst nimmt, muss dagegen sein, die Rede von „den Jungen“ und „den Mädchen“ zu hinterfragen und eine sensible Wahrnehmung für die individuellen Unterschiede von Kindern und Jugendlichen jenseits des Geschlechts zu entwickeln, die größer sind als die Unterschiede zwischen Jungen- und Mädchengruppe.“
„Pädagogisch Tätige sind im Sinne einer Pädagogik, die von individueller Vielfalt als Normalität ausgeht, aufgefordert, Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung abzubauen und stereotypisierenden und homogenisierenden Konzepten von Geschlecht (Kultur etc.) kritisch entgegenzutreten.“
„Kinder und Jugendliche benötigen (…) Erfahrungsräume und Reflexionsgelegenheiten, in denen sie entsprechend ihren Bedürfnissen mit nicht geschlechtsstereotypen Möglichkeiten experimentieren können (…). Sie benötigen ebenso Möglichkeiten, ihre eigene sexuelle Orientierung, die ein Teil ihrer Identität ist, ohne Angst entwickeln und ausleben zu können (…) Dass Kinder und Jugendliche die Facetten sexueller und geschlechtlicher Vielfalt kennen und verstehen lernen und die Fähigkeit erlangen, mit Verschiedenheit wertschätzend umzugehen, ist darüber hinaus ein zentrales Thema zivilgesellschaftlicher Bildung (…).“