Fragen und Antworten zum Racial Profiling
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Racial Profiling meint die verdachtsunabhängige Kontrolle von Personen allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes. Dabei werden die Hautfarbe oder andere ethnische oder religiöse Merkmale zum Anlass für Kontrollen durch Polizei-, Einwanderungs- oder Zollbeamt*innen oder auch durch Kaufhausdetektiv*innen genommen.
Verdachtsunabhängige Personenkontrollen, die ohne sachlichen Grund wegen des Aussehens erfolgen, sind diskriminierend, weil wegen der ethnischen Zugehörigkeit oder religiöser Symbole ein rechtswidriges Verhalten unterstellt wird. Damit werden vor allem nicht-weiße Menschen einem Generalverdacht ausgesetzt. -
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft oder rassistischen Zuschreibungen. Allerdings erstreckt sich der Schutz des AGG nur auf bestimmte Lebensbereiche; vor diskriminierendem Handeln durch staatliche Stellen schützt das AGG nicht.
Allerdings verstoßen anlasslose Personenkontrollen, die an Diskriminierungsmerkmale anknüpfen, gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. Daneben verbieten auch geltendes Europarecht und internationales Recht diskriminierendes staatliches Handeln (z. B. Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung).
Auf Berliner Landesebene gilt seit Juni 2020 das Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz. Im Unterschied zum AGG bezieht sich dieses ganz konkret auf die Diskriminierung durch öffentliche (Berliner) Behörden und sieht für den Fall eines Verstoßes auch ein Recht auf finanzielle Entschädigung für Betroffene vor.
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Im Falle diskriminierender Personenkontrollen durch staatliche Stellen haben die Gerichte zu prüfen, ob diese Kontrollen zum Beispiel mit Aspekten des Gemeinwohls gerechtfertigt werden können. In der Praxis lässt sich Racial Profiling bei Personenkontrollen jedoch kaum rechtfertigen.
Im April 2016 hatte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Schwarze deutsche Familie in einer Regionalbahn durch Beamte der Bundespolizei kontrolliert worden ist. Die Polizeibeamten beriefen sich für die durchgeführte Befragung und Ausweiskontrolle auf § 22 Abs. 1a des Bundespolizeigesetzes. Danach kann die Bundespolizei zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in bestimmten Zügen Personen anhalten, befragen und sich Ausweispapiere vorlegen lassen.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die polizeiliche Maßnahme rechtswidrig war. Die Hautfarbe der kontrollierten Personen sei zumindest ein mitentscheidendes Kriterium für die Kontrolle gewesen. Der Eingriff in das grundrechtliche Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes sei nicht durch einen legitimen Gemeinwohlzweck gerechtfertigt gewesen. Denn eine an die „Rasse“ anknüpfende Auswahlentscheidung bei einer Kontrolle wiege derart schwer, dass sie nicht mit dem Zweck der Verhinderung unerlaubter Einreise zu rechtfertigen sei (Urteil vom 21. April 2016, Aktenzeichen: 7 A 11108/14).
In einem anderen Fall, über den das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen 2018 zu entscheiden hatte, war ein Schwarzer Deutscher am Hauptbahnhof von zwei Beamt*innen der Bundespolizei kontrolliert worden. Die Polizeibeamten stützten ihre Kontrolle auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Bundespolizeigesetzes, wonach die Bundespolizei zur Gefahrenabwehr Personen kontrollieren darf. Sie begründeten die durchgeführte Kontrolle unter anderem damit, dass Diebstähle am Bahnhof und in Zügen mehrheitlich von Männern aus den Maghreb-Staaten bzw. durch nordafrikanische Staatsangehörige begangen würden. Auch würden am Hauptbahnhof überwiegend „nord- und schwarzafrikanische Täter“ mit Betäubungsmitteln handeln.
Das Gericht entschied, dass die Kontrolle nicht gerechtfertigt war. Denn die Behauptungen der Polizisten konnten statistisch nicht belegt werden. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass eine an Diskriminierungsmerkmale anknüpfende Maßnahme eine stigmatisierende Wirkung habe und auch deshalb erhöhte Anforderungen an eine Rechtfertigung bestünden (Urteil vom 7. August 2018, Aktenzeichen: 5 A 294/16).
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Wenn Sie von Racial Profiling betroffen sind, können Sie sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder eine eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe wenden.
Daneben wird Betroffenen empfohlen, sich den Namen und die Dienststelle der handelnden Beamt*innen sowie alle Umstände des Vorfalls so genau wie möglich zu notieren und gegebenenfalls mögliche Zeug*innen anzusprechen, um im Nachhinein gegen die Maßnahme vorgehen zu können, zum Beispiel mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde
Gerichtlich kann ein Fall von Racial Profiling über eine sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage überprüft werden. Die Gerichte prüfen in diesem Rahmen nachträglich, ob eine Polizeikontrolle rechtswidrig war. Wurde eine Amtspflichtverletzung gerichtlich festgestellt, können Betroffene zudem in einem weiteren, zivilrechtlichen Verfahren unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg können Sie sich auch an eine unabhängige Beschwerdestelle wenden, die Vorwürfe von Racial Profiling überprüft.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes setzt sich für eine bundesweite unabhängige Beschwerdestelle ein, an die sich Menschen im Falle von Racial Profiling durch Beamt*innen der Bundespolizei wenden können.
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Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berät und unterstützt Menschen, die sich wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt sehen. Grundlage der Beratung ist dabei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Dieses ist jedoch auf Fälle von Racial Profiling durch staatliche Stellen nicht anwendbar.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann dennoch Betroffene über ihre Rechte sowie Rechtschutzmöglichkeiten informieren. Zudem kann sie vermittelnd tätig werden, indem beispielsweise eine Stellungnahme bei der Bundespolizei ersucht wird oder an spezialisierte Fachstellen vermittelt wird.