Fragen und Antworten zum Wohnungsmarkt
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Häufig wenden sich Personen an unsere Beratung, die aus rassistischen Gründen oder wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt worden sind, beispielsweise, weil sie wegen eines ausländisch klingenden Namens keinen Besichtigungstermin erhalten haben. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle aus dem Jahr 2019, der zufolge rund 35 % aller Befragten mit Migrationshintergrund Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft erlebt haben.
Aber auch das Geschlecht, die Religion, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität können Faktoren sein, die zu Diskriminierungen führen.
Wenn ein Paar bei der Wohnungssuche abgelehnt wird, weil es nicht heterosexuell ist oder wenn eine Person mit einer Behinderung schlechter behandelt wird als andere Mieter*innen, sind das Fälle von ungerechtfertigter Benachteiligung. An unsere Beratung hat sich beispielsweise eine Person gewandt, die wegen einer Körperbehinderung nicht in der Lage ist, ihr Fahrrad in den Keller zu tragen. Trotz Kenntnis der Behinderung lässt die Hausverwaltung Verbotsschilder zum Abstellen von Fahrrädern im Hof aufstellen und bietet der Mietpartei mit Behinderung keine passende Lösung an. In einem anderen Fall berichtet eine muslimische Frau, die ein Kopftuch trägt, dass die Vermieterin nicht möchte, dass Besucher*innen mit Kopftuch in ihr Haus kommen. Aber auch Bisexuelle und trans* Personen, junge und alte Menschen berichten von Diskriminierungen bei der Wohnungssuche und in bestehenden Mietverhältnissen.
Mitunter werden Mietinteressent*innen auch wegen mehrerer Diskriminierungsmerkmale abgelehnt. Im Zusammenhang mit rassistischer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt gibt es zum Beispiel Hinweise darauf, dass eine sichtbare Religionszugehörigkeit wie das Kopftuch muslimischer Frauen in Verbindung mit einem ausländisch klingenden Namen zu Absagen bei Wohnungsbewerbungen führt.
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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Sie bei der Wohnungssuche und in bestehenden Mietverhältnissen vor Diskriminierung. Das Diskriminierungsverbot erstreckt sich von der Zeitungsannonce, über die Vermietung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses. Besonders weitgehend ist der Schutz vor Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft. Es ist zwar auch unzulässig, Mieter*innen aufgrund des Geschlechts, der Religionszugehörigkeit, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu benachteiligen. Allerdings greift das Benachteiligungsverbot in diesen Fällen in der Regel erst dann, wenn mehr als 50 Wohnungen vermietet werden. Dann handelt es sich um sogenannte Massengeschäfte. Die Einschränkung des Diskriminierungsschutzes bei Vermietungen auf Massengeschäfte gilt hingegen nicht bei rassistischer Diskriminierung.
Wenn Ihre Rechte als Mieter*in nach dem AGG verletzt werden, haben Sie das Recht auf Beseitigung beziehungsweise Unterlassung der Diskriminierung. Darüber hinaus können Sie innerhalb von zwei Monaten Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gelten machen.
Bei Konflikten und Diskriminierungssituationen unter Nachbar*innen allerdings wirkt der Diskriminierungsschutz des AGG nicht, denn zwischen Nachbar*innen besteht kein Vertragsverhältnis. Einige Bundesländer bieten für solche Fälle eine außergerichtliche Streitschlichtung an. Um die Gerichte entlasten und Kosten zu reduzieren, werden unabhängige Schiedspersonen oder Schlichtungsstellen mit der Lösung von Nachbarschaftskonflikten beauftragt. Der Streit kann auf diesem Weg häufig schneller, kostengünstiger und unbürokratischer als in einem Gerichtsverfahren beigelegt werden. Einen Überblick über die Streitschlichtungsangebote der Länder finden Sie hier.
Das AGG regelt, dass keine Person bei der Wohnungssuche diskriminiert werden darf und Vermieter*innen sind angehalten, das grundsätzlich sicherzustellen.
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Die Vielfalt unserer Gesellschaft bildet sich in vielen Gegenden auch in den Hausgemeinschaften ab. Wie können Sie als Vermieter*in Vielfalt schützen, Konflikten vorbeugen und das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot achten?
Gesetzliche Vorgaben regeln den Handlungsrahmen von Vermieter*innen bei der Formulierung von Wohnungsanzeigen, dem Vertragsabschluss, während des Mietverhältnisses und bei der Beendigung des Vertrages. Zum Beispiel gibt es in diesen Bereichen eine gesetzliche Verpflichtung für Vermieter*innen, Diskriminierungen aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religionszugehörigkeit, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu vermeiden.
Wohnungsanzeigen und Mietverträge neutral formulieren
Als Vermieter*in sollten Sie Wohnungsanzeigen und Mietverträge möglichst neutral formulieren, um Diskriminierung jeglicher Art zu vermeiden. Falls gewisse Kriterien notwendig sind, ist es entscheidend, diese auf deren Ursprung und Rechtfertigung genauesten zu überprüfen. Des Weiteren ist es besonders für größere Vermieter*innen wie Wohnungsbaugesellschaften sinnvoll, Diversität aktiv zu fördern und zu stützen, um Diskriminierungen und Konflikte zu vermeiden.Häufig erreichen unsere Beratung Beschwerden von Personen, die bei der Wohnungssuche wegen ihres ausländisch klingenden Namens oder wegen des Kopftuchs muslimischer Frauen abgewiesen werden. Diese Gründe dürfen in Mietverhältnissen und bei Vermietungen, bei denen das AGG anwendbar ist keine Rolle spielen. Dazu zählen auch mittelbare Gründe, wie zum Beispiel eine Wohnungsanzeige nur an solche zu richten, die „deutschsprachig“ sind, da ein solches Kriterium eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Herkunft darstellen kann.
Vorsicht im Umgang mit Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgebot
Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen es Vermieter*innen gestattet ist, Mieter*innen unterschiedlich zu behandeln. Zum Beispiel könnte ein Vermieter, dessen Mutter im besagten Mietshaus wohnt, eine Wohnungsanzeige ausstellen, die ältere Mieter*innen bevorzugt. Da das Mietobjekt von einer eng angehörigen Person bewohnt wird, ist es dem Vermieter gestattet, eine Unterscheidung zwischen Mieter*innen zu machen. Es ist zwar unzulässig, Mieter*innen aufgrund des Geschlechts, der Religionszugehörigkeit, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu benachteiligen. Allerdings greift das Benachteiligungsverbot in diesen Fällen in der Regel erst dann, wenn mehr als 50 Wohnungen vermietet werden. Dann handelt es sich um sogenannte Massengeschäfte. Die Einschränkung des Diskriminierungsschutzes bei Vermietungen auf Massengeschäfte gilt hingegen nicht bei rassistischer Diskriminierung oder Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft.Weiterhin ist es nach dem AGG zulässig, wenn Vermieter*innen bei der Vermietung von Wohnraum auf ausgewogene Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verhältnisse achten. Dies gilt aber allenfalls für Großvermieter*innen wie etwa Wohnungsbaugesellschaften, die einer sozialen Stadt- und Wohnungspolitik verpflichtet sind. Diese Ausnahmeregelung birgt zudem die Gefahr des Missbrauchs, wenn sie als Rechtfertigung für rassistische Diskriminierungen genutzt wird.
Diskriminierungsbeauftragte installieren
Von einer aufgeschlossene Antidiskriminierungskultur, die von der Spitze betrieben und ermutigt wird, profitieren Vermieter*innen, Nachbar*innen sowie Mieter*innen. So hat zum Beispiel das Wohnungsunternehmen GESOBAU aus eigener Initiative den Posten der Diskriminierungsbeauftragten erstellt, um Mieter*innen, die eine mögliche Diskriminierung erfahren haben, eine direkte Ansprechperson zu bieten. Gleichzeitig hat das Unternehmen die rechtlichen Grundlagen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf seiner Website erklärt, um Mieter*innen über ihre Rechte zu informieren.Zusätzlich können Vermieter*innen ihre Unterstützung marginalisierter Gruppen anderweitig zum Ausdruck bringen. GAG Immobilien, zum Beispiel, hat sich der LGBTQI*-Community unterstützend gezeigt, indem es für das Wohnungsprojekt „Villa Anders“ in Köln 34 Wohneinheiten baute.
Mit der Hausordnung ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen
Sie können außerdem in der Hausordnung durch eine Klausel das Thema Diskriminierung aufgreifen, um ein diskriminierungsfreies Mietumfeld zu fördern. Die HOWOGE, zum Beispiel, verdeutlicht in ihrer Hausordnung, dass sie weder „Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Name, Religion, Sprache oder Lebensweise noch Mobbing, Bedrohung oder Belästigung“ dulden. Die GEWOBAG geht sogar einen Schritt weiter und „verpflichtet“ ihre Mieter*innen zu „einem toleranten, gutnachbarlichen Miteinander (…), und zwar unabhängig von Geschlecht, Art der Lebensgemeinschaft, Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft sowie religiöser oder politischer Anschauungen“. Ähnliches lässt sich auch in der Hausordnung der Berliner Wohnbautengesellschaft Stadt und Land mbh finden. Die ausdrückliche Verpflichtung zur Nichtdiskriminierung sowie auch die Aufzählung der individuellen Merkmale informiert die Mieter*innen über ihre Rechte und setzt ein deutliches Zeichen von Seiten der* Vermieter*in. -
Für Wohnungssuchende ist diskriminierendes Verhalten oft schwer nachzuweisen. Zwar gibt es noch immer Fälle von offener Diskriminierung – beispielsweise dann, wenn Wohnungsanzeigen unmittelbar diskriminierend formuliert sind. Häufig ist es für Wohnungssuchende aber nicht klar erkennbar, aus welchen Gründen sie einen Besichtigungstermin oder einen Mietvertrag nicht erhalten. In vielen Fällen erfolgen Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt anhand vorgeschobener Gründe – beispielsweise dann, wenn es fälschlicherweise heißt, die Wohnung sei bereits vergeben. Dies führt auch dazu, dass Betroffene die Diskriminierung nicht wahrnehmen, sich über den diskriminierenden Sachverhalt unsicher sind und deshalb eine Beschwerde scheuen.
Sollten Sie den Verdacht haben, auf dem Wohnungsmarkt ungerechtfertigt benachteiligt worden zu sein, sollten Sie eine Beratung in Anspruch nehmen. Eine rechtliche Erstberatung zu Diskriminierung am Wohnungsmarkt erhalten Sie zum Beispiel bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Unser Beratungsteam mit Jurist*innen kann Sie über Ihre Rechte in einem Fall von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt informieren, Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, ob und wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können und eine gütliche Konfliktbeilegung anstreben. Beratung erhalten Sie aber auch bei vielen lokalen Anlaufstellen. Für den Fall, dass Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe suchen, finden Sie eine Beratungsstellensuche auf der Website der Fachstelle Antidiskriminierungsberatung.
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Mit einem Testing können Sie überprüfen, ob Ihr Verdacht auf Diskriminierung bei der Wohnungssuche berechtigt ist. Wenn Sie z. B. mit einem ausländischen Akzent bei einer Wohnungsbaugesellschaft anrufen und hören, dass die Wohnung bereits vergeben ist und danach eine befreundete Peron ohne ausländischen Akzent zu einem Besichtigungstermin eingeladen wird, legt das eine Diskriminierung nahe.
Durch das Testing können also Indizien gewonnen werden, dass es sich um eine Benachteiligung handeln könnte. Im Falle einer Klage können diese Indizien zum Zwecke der Beweisführung vor Gericht geltend gemacht werden. Wenn Sie dieses Vorgehen für sich in Erwägung ziehen, sollten Sie sich sowohl für das Testing als auch für die Geltendmachung des Anspruches von einer Beratungsstelle unterstützen lassen.
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Weitere Informationen finden Sie in unserem „Leitfaden Fair mieten – fair wohnen“, der Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt mit einem Schwerpunkt auf Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und aus rassistischen Gründen thematisiert Die Broschüre erläutert Ihnen die Mechanismen, Hintergründe und Folgen von Benachteiligung, klärt Sie über die Rechtslage auf und bietet eine detaillierte Auflistung verschiedener Handlungsmöglichkeiten für Sie als Betroffene.
Nähere Informationen zu Testing-Verfahren finden Sie außerdem in der Arbeitshilfe zur Durchführung reaktiver Testings. Diese Broschüre zeigt neben Fallbeispielen auch, wie Sie Schritt für Schritt ein Testing durchführen und rechtssicher dokumentieren können.