Diskriminierungserfahrungen wegen Corona-Schutzmaßnahmen
Informationen zur Rechtslage für Betroffene
Im Zusammenhang mit teilweise weiter bestehenden Corona-Schutzmaßnahmen wenden sich manchmal immer noch Ratsuchende an die Antidiskriminierungsstelle, weil Ihnen der Zutritt zu Geschäften, zur Arbeit oder zur Arztpraxis nur mit einer Maske, unter Nachweis einer Covidschutzimpfung oder eines negativen Antigentests gestattet wird.
Lange Zeit geschah dies unter Verweis auf geltende Corona-Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetzes (IfSG) oder den einschlägigen Landesverordnungen. Zum 7. April 2023 sind sämtliche gesetzliche Corona-Schutzmaßnahmen ausgelaufen.
Das Hausrecht der Betreiber privater Einrichtungen bzw. das Weisungsrecht von Arbeitgebern, an einer Masken-, Impf- oder Testpflicht festzuhalten, bleibt davon grundsätzlich unberührt. Entscheiden sich Betreiber*innen oder Arbeitgeber*innen, bestimmte Corona-Schutzmaßnahmen beizubehalten, dürfen sie dabei aber nicht gegen rechtliche Regelungen des Diskriminierungsschutzes verstoßen. Das Haus- und Weisungsrecht steht immer unter dem Vorbehalt des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Ob in einer konkreten Schutzmaßnahme eine rechtswidrige Diskriminierung liegt, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist im Einzelfall zu prüfen.
Wir haben im folgenden wichtige Informationen zu Diskriminierungen im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen, speziell Masken-, Impf- und Testpflichten, zusammengefasst. Es gibt zu diesem Thema bisher nur wenig Rechtsprechung, insofern handelt es sich hier um unsere unverbindliche Rechtsauffassung.
Wann greift der Diskriminierungsschutz?
Das AGG schützt vor Diskriminierungen im Erwerbsleben und bei sogenannten Massengeschäften. Dazu zählt beispielsweise der Zugang zu Geschäften des Einzelhandels, der Gastronomie und Freizeitveranstaltungen.
Der Diskriminierungsschutz nach dem AGG greift nur, wenn Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden.
Auch im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen gilt, dass die Maßnahme Personen wegen mindestens eines der genannten Diskriminierungsmerkmale negativ betreffen muss.
Nur wenn das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wegen einer Behinderung oder die Impfung wegen des Alters (Kinder, für die es noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt), einer Schwangerschaft oder einer Behinderung aus zwingenden medizinischen Gründen nicht möglich ist und sich das nachteilig auswirkt, kann es sich um eine mittelbare Diskriminierung im Sinne des AGG handeln.
Für die Frage, wann eine Behinderung vorliegt, ist der Behinderungsbegriff der UN-Behindertenrechtskonvention maßgeblich. Dieser setzt voraus, dass es sich um eine langfristige körperliche, seelische oder geistige Beeinträchtigung handelt, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern kann. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine chronische Krankheit als Behinderung anerkannt werden. Und zwar wenn sie auf eine physische, geistige oder psychische Beeinträchtigung zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren die betroffene Person an der vollen Teilhabe am Berufsleben hindern könnte und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist. Es gibt aber keinen Schutz vor Benachteiligungen nach dem AGG bei vorübergehenden Erkrankungen, selbst wenn ein ärztliches Attest für die Entbindung von der Maskenpflicht vorliegt.
Kein Diskriminierungsschutz nach dem AGG besteht in den Fällen, in denen Personen aus persönlicher Überzeugung das Tragen einer Schutzmaske oder die Corona-Impfung ablehnen. Begreifen Menschen die Maskenpflicht generell als ungerechtfertigte Zumutung oder entschieden sich beispielsweise aus Zweifeln an Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit gegen die Schutzimpfung, sind sie nicht durch das AGG vor Ungleichbehandlungen geschützt.
Politische oder ideologische Überzeugungen sind auch nicht vom AGG-Merkmal der Weltanschauung umfasst. Darunter fallen nach der gefestigten Rechtsprechung (vgl. bspw. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
19. Februar 1992 – 6 C 5/91) nur Gewissheiten und Einstellungen zum Weltganzen, also gesamtgesellschaftliche Theorien und nicht nur Ansichten zu Teilfragen oder bestimmten Lebensbereichen. Damit handelt es sich bei der individuellen Haltung speziell zum Impfen nicht um eine Frage der Weltanschauung im rechtlichen Sinne.
Ohnehin sind weltanschauliche Überzeugungen im zivilrechtlichen Bereich nicht nach dem AGG geschützt. Denn der Gesetzgeber hat bewusst davon Abstand genommen, das Diskriminierungsverbot im Geschäftsverkehr auch auf Benachteiligungen wegen der Weltanschauung zu erstrecken. Das widerspricht weder dem Grundgesetz noch den Vorgaben des europäischen Rechts (Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. März 2012 – V ZR 115/11).
Der Impfstatus als solcher und die Tatsache geimpft, genesen oder getestet zu sein, ist keine nach dem AGGgeschützte Eigenschaft bzw. kein gesetzlich verbotener Unterscheidungsgrund.
Auch wirtschaftliche Belastungen für Personen mit geringem Einkommen durch zusätzliche Kosten für Corona-Tests fallen nicht unter den Diskriminierungsschutz des AGG, da der soziale und finanzielle Status kein geschütztes Merkmal des AGG ist.
Nach der aktuell geltenden Rechtslage gibt es in Handel, Dienstleistung und Gastronomie keine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Auch die Zugangsbeschränkungen bei fehlendem Impfschutz sind entfallen.
Betreiber*innen von Groß- und Einzelhandel oder anderen Dienstleistungsbetrieben (wie Hotels, Gaststätten, Fitnessstudios etc.) können im Rahmen ihres Hausrechts aber grundsätzlich Zugangsvoraussetzen festlegen. Grundsätzlich können Betreiber*innen also unabhängig von einer gesetzlichen Pflicht weiterhin von ihren Kund*innen verlangen, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Impfung, Genesung oder negativen Corona-Test vorzuweisen. Das Hausrecht selbst wird begrenzt durch das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Personen, die wegen einer Behinderung im Sinne des AGG keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können, können durch ein ausnahmsloses Einlassverbot unter Umständen zwar mittelbar benachteiligt werden. Auch pauschale Zutrittsverbote für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft sind, können somit bei Kindern, Menschen mit Behinderungen und je nach Einzelfall bei Schwangeren eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, der Behinderung oder des Geschlechts sein.
Allerdings dürften Benachteiligung wegen des Vorliegens eines sachlichen Grundes in den meisten Fällen gerechtfertigt sein. Ein sachlicher Grund ist z.B. wenn die Betreiber aufgrund von Corona Verordnungen verpflichtet sind, den Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Kläger von der Einhaltung der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung abhängig zu machen. Ein sachlicher Grund liegt nach Ansicht der Rechtsprechung auch dann vor, wenn die unterschiedliche Behandlung der Vermeidung von Gefahren dient.
Die Zutrittsbeschränkungen dienen dem Schutz anderer Kund*innen, des/der Betreiber*in und der Beschäftigten sowie der Eindämmung des Coronavirus durch die Vermeidung weiterer Neuinfektionen. Zudem ist es legitim, wenn Betreiber*innen den Zutritt von einem ärztlichen Attest abhängig machen.
Insgesamt kommt es darauf an, wie schwer die Einschränkungen und Einbußen auf Seiten des Einzelnen wiegen und welche gesamtgesellschaftlichen Belange dem – unter Berücksichtigung der aktuellen pandemischen Lage – gegenüberstehen. In der aktuellen Situation, in der das Infektionsgeschehen weitgehend kontrolliert scheint, sind pauschale Zutrittsbeschränkungen schwerer zu rechtfertigen, als bei steigenden Infektionszahlen.
Im Falle einer sich wieder verschlechternden pandemischenLage und steigenden Infektionszahlen wirkt insbesondere die Testpflicht auf Seiten der Ungeimpften in aller Regel nicht sehr schwer. Denn es handelt sich um keinen absoluten Ausschluss, sondern der Zutritt wird bei Durchführung eines Corona-Tests weiterhin ermöglicht, wenn auch zu ungünstigeren Bedingungen.
Ist ein Einlassverbot im konkreten Fall nicht sachlich gerechtfertigt und unverhältnismäßig, können die betroffenen Personen wegen eines Verstoßes gegen das AGG verschiedene Ansprüche geltend machen. So besteht ein Anspruch, dass künftige Benachteiligungen unterlassen werden (§ 21 Absatz 1 AGG). Darüber hinaus kommen Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Entschädigung in Geld in Betracht (§ 21 Absatz 2 AGG). Diese Ansprüche müssen innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis von der Benachteiligung schriftlich gegenüber dem Geschäft oder dem Dienstleistungsbetrieb geltend gemacht werden.
Diese Ansprüche bestehen allerdings nur dann, wenn die Verweigerung des Zutritts unter den oben geschilderten Bedingungen nicht gerechtfertigt werden kann.
Eine verbindliche Entscheidung, ob im Festhalten der Betreiber*innen an einer Masken-, Impf- oder Testpflicht ein AGG-Verstoß liegt, können nur die zuständigen Gerichte treffen.
Das LG Hildesheim beschloss (Beschluss vom 03.03.2022 – 1 S 43/21) beispielsweise, dass keine behinderungsbedingte Benachteiligung nach dem AGG einschlägig war, weil dem Kläger in einer Tankstelle der Kauf einer Waschmarke verweigert wurde, weil er keinen Mund-Nasen-Schutz trug. Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine behinderungsbedingte Benachteiligung annähme, war der Ausschluss gerechtfertigt. Die Durchsetzung der geltenden Corona-Landesverordnung sei ein legitimes Ziel. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei auch geeignet Infektionen mit dem Coronavirus wirksam vorzubeugen. Wegen der Ansteckungsgefahr für die Beschäftigte sei auch Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gegeben.
Auch das LG Kiel (Urteil vom 24.06.2021 – 13 O 196/20) erkannte in der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutz und der Pflicht zur Vorlage eines Attests in einem Kaufhaus keine Benachteiligung. Dies diente der Vermeidung von Gefahren. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes dient der Verhinderung von Übertragungen von SARS-CoV-2 in den Geschäftsräumen der Beklagten.
Mit Auslaufen der gesetzlichen Vorgaben zu Infektionsschutzmaßnahmen, obliegt es nach allgemeinem Arbeitsschutzrecht dem*der Arbeitgeber*in eigenverantwortlich festzulegen, ob und welche Maßnahmen zum Infektionsschutz am Arbeitsplatz erforderlich sind.
Alle Arbeitgeber*innen trifft diesbezüglich die arbeitsschutzrechtliche Pflicht, auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz im betrieblichen Hygienekonzept festzulegen, umzusetzen und bei Bedarf anzupassen.
Arbeitgeber*innen haben grundsätzlich nicht nur eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten, sondern auch ein Weisungsrecht. Sie können daher im Rahmen eines Sicherheits- und Hygienekonzepts auch eine Maskenpflicht für Beschäftigte in den Arbeitsräumen festlegen (siehe dazu Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 12.April 2021, Aktenzeichen: 2 SaGa 1/21). An sich stellt dies noch keine Diskriminierung dar, insbesondere nicht für Menschen, die keinen triftigen medizinischen Grund vorweisen können und lediglich aus persönlicher Überzeugung keinen Mund-Nasen-Schutz tragen wollen.
Die medizinischen Gründe müssen dabei ernsthaft, konkret und nachvollziehbar dargelegt werden. Zweifel an einer behaupteten medizinischen Einschränkung bestehen, wenn ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber angebotene betriebsärztliche Untersuchung ablehnt und den Mund-Nasen-Schutz als „Rotzlappen“ bezeichnet (vgl. Urteil des Arbeitsgericht Köln, 17.Juni 2021, 12 Ca 450/21). In dem genannten Fall hatte sich ein Servicetechniker im Außendienst geweigert während Arbeitseinsätzen bei Kund*innen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Nach einer erfolglosen Abmahnung sprach der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus. Das Arbeitsgericht Köln erachtete die Kündigung als wirksam. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das vom Arbeitnehmer vorgelegte Attest keine Rechtfertigung für den beharrlichen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstelle. Es sei weder aktuell, noch hinreichend konkret gewesen.
Arbeitgeber müssen jedoch die Belange von Personen mit Behinderungen sowie das geltende Recht – insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – berücksichtigen. Die Anforderung einen Mund-Nasen-Schutz bei der Arbeit zu tragen, kann gegenüber Menschen mit behinderungsbedingten Atemwegserkrankungen oder anderen relevanten Behinderungen (beispielsweise Epilepsie oder psychischen Beeinträchtigungen) eine mittelbar benachteiligende Wirkung haben.
Allerdings ist zu beachten, dass der Diskriminierungsschutz nach dem AGG nicht uneingeschränkt gilt. So kann eine mittelbare Benachteiligung gerechtfertigt sein, wenn sie einem rechtmäßigen Ziel dient und erforderlich sowie angemessen ist. Dabei stellt der Schutz anderer Beschäftigter vor einer Ansteckung sowie die allgemeine Eindämmung des Coronavirus durch die Vermeidung weiterer Neuinfektionen ein solches Ziel dar. Für die Frage, ob eine uneingeschränkte Maskenpflicht erforderlich und angemessen ist, kommt es auf eine Abwägung im Einzelfall an.
Hierbei sind auf der einen Seite die Interessen der Arbeitgeber, also die Anforderungen von Kund*innen und der Schutz der anderen Beschäftigten, und auf der anderen Seite das Recht der Arbeitnehmer*innen, nicht wegen einer Behinderung benachteiligt zu werden, gegeneinander abzuwägen. In der aktuellen Situation, in der das Infektionsgeschehen weitgehend kontrolliert scheint, sind Weisungen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder auch Testpflichten schwerer zu rechtfertigen, als bei steigenden Infektionszahlen.
Zudem ist zu beachten, dass Arbeitgeber*innen durch das AGG gegenüber Beschäftigten mit Behinderung zu sogenannten angemessenen Vorkehrungen verpflichtet sind. Danach müssen stets die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um die Ausübung des Berufes ungeachtet einer Behinderung zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2013, Aktenzeichen: 6 AZR190/12). Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes kann deshalb eine Benachteiligung wegen einer Behinderung darin zu sehen sein, dass Arbeitgeber Beschäftigten mit einer Behinderung angemessene Vorkehrungen versagen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21. April 2016, Aktenzeichen: 8 AZR 402/14). Die Grenze liegt dabei bei einer unverhältnismäßigen Belastung der Arbeitgeber. Ob und welche Vorkehrungen angemessen sind und wann die Belastungsgrenze erreicht ist, entscheiden die damit befassten Gerichte. Nur, wenn Arbeitger*innen alle angemessenen Vorkehrungen ausgeschöpft haben und die Bedingungen für Beschäftigte mit Behinderung weiterhin unpassend sind, können Arbeitgeber*innen die Beschäftigten von der Arbeit freistellen.
So wurde in einem Fall, der vom Arbeitsgericht Cottbus entschieden wurde, eine Kündigung als gerechtfertigt angesehen, da aufgrund einer Befreiung von der Maskenflicht bzw. der Weigerung des Tragens der Maske keine andere Möglichkeit zum Einsatz im Betrieb bestand (Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 17. Juni 2021 - 11 Ca 10390/20, nicht rechtskräftig). Zuvor hatte die Arbeitgeberin aber zahlreiche Bemühungen unternommen, dem Arbeitnehmenden ein Arbeiten mit Mund-Nasen-Schutz zu ermöglichen, etwa verschiedene Masken zum Ausprobieren und Trainieren und die Einlegung zusätzlicher Pausen angeboten.
Ist die Anforderung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, im konkreten Fall nicht sachlich gerechtfertigt, können die betroffenen Personen wegen eines Verstoßes gegen das AGG Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (§ 15 AGG). Wichtig ist, dass die Ansprüche innerhalb von zwei Monaten schriftlich bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen (§ 15 Abs. 4 AGG). Bis spätestens drei Monate nach der schriftlichen Geltendmachung können sie beim Arbeitsgericht eingeklagt werden (§ 61 b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz). Wird eine dieser Fristen versäumt, sind die Ansprüche nicht mehr durchsetzbar. Die Frist beginnt, wenn die Betroffenen Kenntnis von der Benachteiligung erhalten haben. Bei einem diskriminierenden Dauerzustand beginnt die Frist erst mit dem Zeitpunkt des letzten Vorfalls. Allerdings ist zu beachten, dass diese Ansprüche nur dann bestehen, wenn die Maskenpflicht unter den oben geschilderten Bedingungen nicht gerechtfertigt werden kann. Darüber hinaus können Sie eine Beschwerde bei der betriebsinternen AGG Beschwerdestelle (vgl. § 13 AGG) einreichen. Das Einreichen einer AGG-Beschwerde ist nicht an Fristen gebunden. Die Beschwerdestelle ist verpflichtet, die Beschwerde zu prüfen und dem Arbeitgeber das Ergebnis der Beschwerde mitzuteilen. Gibt es einen Betriebsrat, kann man sich zur Unterstützung auch an diesen wenden.
Betroffene Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung haben außerdem die Möglichkeiten, sich an das zuständige Integrationsamt bzw. an die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb oder der Dienststelle zu wenden.
Auch in Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten keine gesetzlichen Masken-, Impf- oder Testpflichten mehr.
Zwar können Ärzt*innen über die öffentlich-rechtlichen Vorgaben hinausgehen eigene 3G oder 2G-Bedingungen für die Behandlung in ihrer Praxis auf Grundlage ihres Hausrechts aufstellen, dennoch gilt das Hausrecht nur unter Beachtung des ärztlichenBerufsrechts.
Ob das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen (sogenannten Behandlungsverträgen) anwendbar ist, ist bisher durch die Gerichte noch nicht abschließend geklärt. Denn das AGG schützt Diskriminierungen wegen des Geschlechts, Alters oder einer Behinderung im privaten Geschäftsverkehr nur dann, wenn ein sogenanntes Massengeschäft oder vergleichbares Rechtsgeschäft vorliegt (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Es ist juristisch umstritten und noch nicht abschließend durch die Gerichte geklärt, ob im Hinblick auf Behandlungsverträge (also Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte etc.) von solchen Massengeschäften auszugehen ist.
Jedenfalls ist auch hier immer im Einzelfall abzuwägen, ob eine mittelbare Benachteiligung nach dem AGG wegen einer Behinderung vorliegen könnte, wenn der Patient zum Tragen einer Schutzmaske verpflichtet wird. Bevor eine geschlechts-, alters- oder behinderungsbezogene Benachteiligung von ungeimpften und nicht genesenen Patient*innen, die nicht oder nur unter der Bedingung eines negativen Corona-Tests behandelt werden, angenommen werden kann, müssen die Betroffenen nachweisen, dass ihnen die Schutzimpfung aus zwingenden medizinischen Gründen nicht möglich ist. Man kann davon ausgehen, dass eine mittelbare Diskriminierung nicht vorliegt, wenn die Anforderung einer Masken- und/oder Testpflicht aufgrund der Situation vor Ort und der Interessen aller Beteiligten insgesamt angemessen erscheint. Hier wird man je nach Situation und unter Berücksichtigung der Infektionslage zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Sachliche Gründe, die eine ausnahmslose Masken- und/oder Testpflicht rechtfertigen können, sind beispielsweise der Schutz anderer Patient*innen, des Arztes und der Angestellten – insbesondere, wenn sie selbst zur Risikogruppe zählen – oder die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung.
In Notfallsituationen oder bei akuter Behandlungsbedürftigkeit ist die Ablehnung der Masken- und / oder Testpflicht nie möglich (§ 7 Absatz 2 Satz 2 (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzt*innen der Bundesärztekammer). Darüber hinaus sind Kassenärzt*innen gemäß § 95 Absatz 3 Satz 1 SGB V verpflichtet, die gesetzlich versicherten Patient*innen medizinisch zu versorgen. Eine Behandlung darf nur in bestimmten begründeten Fällen abgelehnt werden (§ 13 Absatz 7 Satz 3 Bundesmantelvertrag Ärzte). Auch beim Fehlen alternativer Behandlungsmöglichkeiten (z.B. in ländlichen Regionen) kann es sein, dass das ausnahmslose Festhalten an Masken- und Testpflichten zu unangemessenen Ergebnissen führt.
Ist ein Zutrittsverbot im konkreten Fall nicht sachlich gerechtfertigt und unverhältnismäßig, können die betroffenen Personen wegen eines Verstoßes gegen das AGG verschiedene Ansprüche geltend machen. So besteht ein Anspruch, dass künftige Benachteiligungen unterlassen werden (§ 21 Absatz 1 AGG). Darüber hinaus kommen Ansprüche auf Schadensersatz und/oder finanzielle Entschädigung in Betracht (§ 21 Absatz 2 AGG). Diese Ansprüche müssen innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis von der Benachteiligung schriftlich gegenüber dem Geschäft oder dem Dienstleistungsbetrieb geltend gemacht werden.
Diese Ansprüche bestehen allerdings nur dann, wenn Verweigerung des Zutritts unter den oben geschilderten Bedingungen nicht gerechtfertigt werden kann.
Eine verbindliche Entscheidung, ob im Festhalten der Betreiber*innen an einer Masken-, Impf- oder Testpflicht ein AGG-Verstoß vorliegt, können nur die zuständigen Gerichte treffen.
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