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"Alt und Jung? Das wird nichts."

"Alt mit Jung? Das wird nichts."

Der Fall

Monika R. ist pensionierte Lehrerin. Sie entscheidet sich, wieder in ihrem Beruf arbeiten zu wollen und findet eine befristete Vertretungsstelle, auf die sie sich bewerben will. In einem informellen Telefongespräch mit der Schule fragt Frau R., ob auch bereits pensionierte Lehrer*innen berücksichtigt würden. Die Rektorin verneint das und sagt ihr, dass die Schule ein junges Kollegium habe und die Schulleitung davon ausgehe, dass lebensältere Lehrer*innen mit jungen Kolleg*innen „nicht zurechtkämen“. Aufgrund dieser Aussage sieht Frau R. von einer Bewerbung ab und wendet sich an die Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, da sie sich wegen ihres Lebensalters diskriminiert sieht.

Rechtliche Einordnung

Nach dem arbeitsrechtlichen Benachteiligungsverbot dürfen Bewerber*innen grundsätzlich nicht wegen des Lebensalters abgelehnt werden (§§ 7 Absatz 1, 6 Absatz 1 Satz 2 AGG). Als Bewerber*innen gelten allerdings grundsätzlich nur Personen, die eine formale Bewerbung abgegeben haben. Ein informeller Anruf stellt keine Bewerbung dar. Das Telefonat hat dann allerdings dazu geführt, dass Frau R. sich gar nicht erst beworben hat. Rechtlich stellt sich deshalb die Frage, ob sich Frau R. in dieser Situation überhaupt schon auf den Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes berufen kann. Um sicherzugehen, sollten Bewerber*innen in solchen Situationen dennoch eine Bewerbung schreiben. Informell getroffene Aussagen können dann bei einer Ablehnung das nötige Indiz sein, um eine Diskriminierung beweisen zu können (§ 22 AGG).

Im Rahmen von Ablehnungen wegen des Lebensalters im Erwerbsleben ist zudem immer zu beachten, dass eine altersbedingte Ungleichbehandlung im Einzelfall durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt und damit zulässig sein kann (§ 10 AGG). Pauschale Bedenken, dass eine lebensältere Lehrerin mit einem jüngeren Kollegium Schwierigkeiten hätte, wären allerdings nicht ausreichend. Begründungen, die selbst Stereotype bedienen, eignen sich in der Regel nicht als Rechtfertigung.

Ergebnis / Beilegung

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat Frau R. angeboten, die betreffende Schulleitung anzuschreiben. Aus Sicht der Stelle war im vorliegenden Fall kein sachlicher Grund für eine pauschale Ablehnung zu erkennen. Die Schule wurde dementsprechend darauf hingewiesen, dass Frau R. möglicherweise nach § 15 AGG Schadensersatz – und/oder Entschädigungsansprüche zustehen könnten.

Zudem ist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Ansicht, dass das Engagement lebensälterer Menschen, die über das Renten – und Pensionsalter hinaus dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, anerkannt werden sollte. Insbesondere der Mangel an qualifizierten Lehrkräften in Deutschland ist immens, viele Stellen an den Schulen bleiben unbesetzt. Lehrkräfte im Renten – und Pensionsalter in den Schulen weiter zu beschäftigen oder vertretungsweise wieder einzustellen, ist eine wertvolle Möglichkeit, den Personal- und Fachkräftemangel im Bereich der Bildung abzumildern.

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