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„Frauenparkplätze - Und ihr wollt emanzipiert sein?“

„Frauenparkplätze - Und ihr wollt emanzipiert sein?“

Der Fall

Sind Frauenparkplätze nach dem AGG zulässig? Unserem juristischen Beratungsteam werden solche und ähnliche Fragen immer wieder gestellt: Ist es ein diskriminierender Ausschluss eines Geschlechts, dass zum Beispiel ein Schwimmbad Frauenbadezeiten hat, dass es Frauensaunazeiten gibt sowie spezielle Frauenparkplätze? Diskriminierungen vermuten manche auch bei vergünstigten Eintrittspreisen für Frauen in Diskotheken oder bei Frauenfitnessstudios. Die Annahme, dass solche und ähnliche Ungleichbehandlungen diskriminierend seien, scheint zunächst naheliegend.

Einordnung / Einschätzung

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt nicht nur den Arbeitsbereich, sondern soll auch einen diskriminierungsfreien Zivilrechtsverkehr sicherstellen. Geschützt wird vor rechtswidrigen Ungleichbehandlungen aufgrund der ethnischen Herkunft, des Lebensalters, einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität und eben auch des Geschlechts. Nun stellt aber nicht jede Besser- oder Schlechterstellung einer Person aufgrund eines der genannten Merkmale eine Diskriminierung dar. Dies gilt beispielsweise für sogenannte positive Maßnahmen, durch die gezielt Personengruppen gefördert werden sollen, die strukturell benachteiligt sind.

Hierin verwirklicht sich der europäische Rechtsgrundsatz, dass das Interesse einer Vielzahl von Personen die Interessen Einzelner überwiegt und somit eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Umfasst ist insbesondere die Förderung beruflich unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen, aber auch zum Beispiel Integrationsvereinbarungen zur Besetzung freier Stellen durch schwerbehinderte Menschen oder Subventionen integrativer Handwerksbetriebe. Dieser Rechtfertigungsgrund ist auf das gesamte AGG (Arbeits- und Zivilverkehr) anzuwenden.

Eine Ungleichbehandlung stellt, soweit sie nicht an die ethnische Herkunft einer Person knüpft, auch dann keine Diskriminierung nach dem AGG dar, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist. Verschiedene solcher sachlichen Gründe finden sich für den Zivilrechtsverkehr in § 20 AGG aufgezählt. Einer der möglichen Gründe ist in § 20 Abs. 1 Nr. 3 AGG zu finden. Bestandteil einer auf Wettbewerb beruhenden Wirtschaft ist die Gewährung von Vergünstigungen oder Rabatten. Gedacht ist hier unter anderem an Sparangebote und Schlussverkäufe – oder beispielsweise günstige Vertragskonditionen für Neukunden.

Nun gibt es aber Situationen, in denen das Unternehmen zur Gewinnsteigerung nur eine bestimmte Gruppe von Menschen bevorzugen und anlocken will – wie dies etwa bei sogenannten „Ladies Nights“ angeführt wird. Die überwiegende Rechtsmeinung ist die, dass es sich dabei nicht um eine verbotene Diskriminierung handelt, sondern um eine von der unternehmerischen Freiheit gedeckte Rabattmaßnahme. Begründet wird dies damit, dass genau genommen nicht eine Gruppe benachteiligt, sondern eine andere bevorteilt wird und zudem die Vergünstigungen im Falle eines Verbots nicht allen Personen gewährt, sondern vom Unternehmen ganz aufgehoben würden. Ob diese Ausnahmen mit dem Europarecht in Einklang stehen, ist nicht unumstritten (mehr dazu bspw. in der Studie "Preisdifferenzierung nach Geschlecht").

Wesentlich eindeutiger ist ein anderer Grund für eine rechtmäßige Ungleichbehandlung, der in § 20 Abs. 1 Nr. 2 AGG normiert wird. Demnach sind Ungleichbehandlungen auch dann gerechtfertigt, wenn sie die persönliche Sicherheit Einzelner garantieren oder deren Intimsphäre schützen. Frauen werden nachweislich häufiger Opfer von sexuellen Übergriffen. Somit besteht beispielsweise ein legitimer Grund, Frauen kürzere und gefahrlosere Wege durch sogenannte Frauenparkplätze zur Verfügung zu stellen. Auch die Einräumung geschützter Räume in Saunabetrieben oder Schwimmbädern lässt sich durch die Angst vor Übergriffen und dem potenziellen Schamgefühl Einzelner begründen. Die eingangs erwähnten Einschränkungen sind damit zulässig.

Möglichkeiten/Beilegung

Diese Beispiele zeigen, dass auch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine Benachteiligung in Einzelfällen zulässig sein kann – dann nämlich, wenn die gleiche Behandlung aller wegen schutzwürdiger Interessen anderer eingeschränkt wird. Gerade in dem Bereich der Ungleichbehandlung der Geschlechter stellen die beiden hier dargestellten Gründe die einschlägigsten dar. Zu beachten ist, dass die gleichen Gründe auch Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung aufgrund aller anderen Diskriminierungsmerkmale (außer ethnischer Herkunft) sein können.

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