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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags 10.05.2019

Zu dem von Bundesjustizministerium und Bundesinnenministerium vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags, der das bisherige Transsexuellengesetz ersetzen soll, nimmt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Stellung.

Logo der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes begrüßt, dass das in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärte Transsexuellengesetz aufgehoben und stattdessen eine Neuregelung im BGB geschaffen werden soll. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kritisiert allerdings die vorgeschlagene Neuregelung als unnötig bürokratisch, zu kostenintensiv und vermisst vor allem eine - wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert - auf das Selbstverständnis der Person bei ihrer geschlechtlichen Identität als konstituierendem Bestandteil ihrer eigenen Persönlichkeit ausgerichtete Lösung.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes lehnt die im Gesetzentwurf getroffene Unterscheidung in intersexuelle Personen und transsexuelle Personen bei den Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags (Artikel 1 §§ 18,19 BGB) ab. Die unterschiedlichen Anforderungen bei der Änderung sind aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle sachlich nicht nachvollziehbar. Die weitaus höheren Anforderungen für transsexuelle Menschen zur Änderung des Geschlechtseintrags stellen aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Benachteiligung dieses Personenkreises gegenüber intersexuellen Menschen dar, obwohl beiden Gruppen ein Leben entsprechend ihrer selbstbestimmten geschlechtlichen Identität ermöglicht werden soll. Stattdessen sollte entsprechend der Entscheidung des BVerfG von einer umfassenden Geschlechtsidentität ausgegangen werden. Vorzuziehen ist deshalb eine einheitliche Lösung, die sich am für intersexuelle Personen gewählten Verfahren vor dem Standesamt orientiert. Vor dem Hintergrund der Selbstbestimmtheit der Person sollte bei diesem Verfahren auf das Erfordernis einer ärztlicher Bescheinigung bzw. einer eidesstattlichen Versicherung verzichtet werden. Aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist in beiden Fällen eine einfache Selbsterklärung vor dem Standesamt ausreichend. Das für transsexuelle Personen vorgeschlagene Verfahren einer qualifizierten Beratung mit begründeter Bescheinigung und das gerichtliche Verfahren im Unterschied zum standesamtlichen Verfahren ist somit überflüssig. Ebenso obsolet wären die im Entwurf geregelten Folgeänderungen in anderen Gesetzen und die Schaffung eines Geschlechtsidentitätsberatungsgesetzes. Die nicht einleuchtend erscheinende Sollvorschrift der Ehegattenbefragung vor Gericht und die fragwürdige 3-Jahre-Sperre nach Aufhebung der Änderung des Geschlechtseintrags wären nach dem Vorschlag der Antidiskriminierungsstelle dann ebenfalls überflüssig.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes lehnt überdies die in § 19 Abs. 1 BGB des Entwurfs gegebene Definition der Transsexualität ab, weil sie wegen ihrer Voraussetzung eines „eindeutig“ weiblichen oder männlichen Körperbildes bspw. Personen in der Transitionsphase oder mit aus anderen Gründen nicht „eindeutigem“ Körperbild nicht erfasst. Die in § 19 Abs. 1 Nr. 1 BGB formulierte Bedingung ist als Bestimmung des Betroffenenkreises ausreichend.

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