Navigation und Service

Ataman zu Bundestags-Gedenken: „Deutschland erweist den queeren Opfern des Nationalsozialismus endlich Respekt“ 26.01.2023

Antidiskriminierungsstelle dringt auf Erweiterung des Grundgesetzes um den Schutz der sexuellen Identität

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Quelle:Stiftung-Denkmal.de

Zum ersten Mal stellt der Deutsche Bundestag in der Gedenkstunde am 27. Januar wegen ihrer sexuellen Identität verfolgte Menschen in den Mittelpunkt der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus.

Um aus der Geschichte zu lernen, müssen wir das Unrecht kennen und benennen, wir müssen es weiter erforschen und beschreiben, welche Missstände es bis heute gibt.

Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung

Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, sieht darin ein „enorm wichtiges Zeichen“: „Deutschland erweist den queeren Opfern des Nationalsozialismus endlich den lange verweigerten Respekt. Das war seit vielen Jahren überfällig. Der Hass und die Verfolgung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten waren mit der Befreiung von der NS-Diktatur nicht zu Ende“, sagte Ataman am Donnerstag in Berlin. „Um aus der Geschichte zu lernen, müssen wir das Unrecht kennen und benennen, wir müssen es weiter erforschen und beschreiben, welche Missstände es bis heute gibt.“

Vor allem homo- und bisexuelle Männer wurden unter dem Unrechtsparagrafen 175 vom NS-Regime verfolgt und ins Gefängnis gesteckt. Lesbische und bisexuelle Frauen wurden als „Asoziale“ verhaftet. Sie alle landeten auch in Konzentrationslagern, Tausende starben dort. Der Paragraf 175 wurde von der Bundesrepublik übernommen, Homosexuelle wurden in der Bundesrepublik und der DDR noch jahrzehntelang verfolgt. Im Jahr 2018 bat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Opfer um Vergebung „für all das geschehene Leid und Unrecht, und für das lange Schweigen, das darauf folgte.“ Bis heute wurden homosexuelle Menschen als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten nicht in das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes aufgenommen.

„Viele Menschen in Deutschland wissen heute gar nicht mehr, dass auch homosexuelle und trans* Menschen von den Nazis in Konzentrationslagern umgebracht wurden. Umso wichtiger ist es, dass in unserer Verfassung „sexuelle Identität“ endlich als schutzwürdig genannt wird. Bisher ist das nicht der Fall. Vielleicht war das in den 50er Jahren noch nicht mehrheitsfähig, heute sollte es das aber sein.“

Ataman wies außerdem darauf hin, dass die Forschung zu Diskriminierung und Ausgrenzung queerer Menschen weiter vorangetrieben werden müsse: „Es ist wichtig, die Geschichte queerer Menschen im Nationalsozialismus noch viel genauer zu beleuchten“, sagte Ataman. „Gerade über die Verfolgung von trans* Menschen, aber auch von lesbischen Frauen wissen wir immer noch zu wenig.“

Sie würdigte, dass im kürzlich verabschiedeten Aktionsplan „Queer leben“ die Förderung einer Erinnerungskultur festgeschrieben ist: „Wir müssen Unrecht sichtbar machen, damit es nicht wieder geschieht.“

Weitere Themen