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Umgang mit religiöser Vielfalt am Arbeitsplatz

Praxisbeispiele aus Unternehmen und Verwaltungen

- Steckbrief zum Forschungsprojekt -

Autor*innen: DESI – Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration, im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Erscheinungsjahr: 2016

Kurzüberblick

Allgemeines

Die Expertise stellt einzel- und überbetriebliche Praxisbeispiele vor, welche die Vereinbarkeit von Religionszugehörigkeit und Beschäftigung im betrieblichen Alltag ermöglichen, unterstützen sowie Diskriminierungen verhindern sollen.

Dafür wurde bei privaten Unternehmen verschiedener Größe (Großunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen), öffentliche Verwaltungen, Unternehmen der Wohlfahrtspflege und unternehmensnahen Institutionen recherchiert und diese zu ihren Maßnahmen guter Praxis befragt.

Zielstellung

Zielstellung war es, einen Überblick zu gewinnen, welche Maßnahmen derzeit in der betrieblichen Praxis in Deutschland angewendet werden, um vor Diskriminierungen aufgrund der Religionszugehörigkeit am Arbeitsplatz zu schützen. Hierfür wurde nach einzel- und überbetrieblichen Verfahren gesucht, welche:

  • die Vereinbarkeit von Religionszugehörigkeit und Beschäftigung im betrieblichen Alltag unterstützen,
  • präventiv gegen Diskriminierung wegen einer Religionszugehörigkeit wirken,
  • Chancengleichheit von Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit im Arbeitsleben fördern,
  • im Falle von Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit intervenieren.

Vorgehensweise

Im Vorfeld der Recherche wurde eine Suchmatrix für bewährte Verfahren erstellt, anhand derer eine Einteilung und Zuordnung der verschiedenen Maßnahmen vorgenommen werden konnte. Anschließend wurde eine breit angelegte Recherche durchgeführt, um verschiedene Unternehmen zu identifizieren. Hierzu erfolgten schriftliche Nachfragen, unter anderem an die Industrie- und Handelskammern, die Diversity-Beauftragten der Bundesländer oder die Landesverbände der freien Wohlfahrtspflege. Zudem erfolgte eine zweite Recherche mithilfe des Schneeballsystems. In einem dritten Schritt fanden dann die Befragung von Arbeitgebern sowie die Durchführung von Interviews mit Expert*innen statt. Anhand der Ergebnisse erfolgte eine Zusammenstellung der Beispiele guter Praxis in vorliegender Expertise.

Wichtigste Ergebnisse

Allgemeine Merkmale

  • Insgesamt wurden 15 verschiedene Verfahren identifiziert, die als Beispiele guter Praxis Eingang in die Expertise fanden.
  • Bei der Recherche konnte keine große Vielfalt an bewährten Maßnahmen ausgemacht werden. Vielmehr wurde eine Verunsicherung bei vielen Arbeitgebern deutlich, wie mit religiöser Vielfalt und betrieblichen Anforderungen umgegangen werden kann.
  • Die meisten Maßnahmen fanden sich im Bereich der Unternehmenskultur, z.B. Verhaltenskodizes und der Arbeitsorganisation. Letztere treffen Vorkehrungen, um die Ausübung von Religion innerhalb der betrieblichen Gegebenheiten zu ermöglichen, z.B. vielseitiges Kantinenangebot, Gebetsräume etc.
    Maßnahmen, die sich auf andere Arbeitsbereiche beziehen (z.B. codes of conduct oder Betriebsvereinbarungen), sind meist in eine umfassendere Diversity-Strategie eingebettet.
  • Religion ist in kaum einem der befragten Betriebe ein Schwerpunktthema des Diversity-Managements.
  • Häufig bilden die Maßnahmen eine Antwort auf eine spezifische Problemlage, für die eine auf den Betrieb und die Situation passende Lösung gefunden werden musste.
  • Vorhandene religionssensible Maßnahmen betreffen insbesondere die Gruppe der Muslim*innen.
  • Betriebsräte oder Gewerkschaften wie auch Religionsverbände sind noch kaum mit dem Thema befasst.

Spezifische Merkmale einzelner Wirtschaftssektoren

In privaten Unternehmen ist oftmals die ethnische Vielfalt der Ausgangspunkt für einzelne Maßnahmen. Die Wertschätzung religiöser Vielfalt bildet deshalb gerade in den Großunternehmen einen Teil des betrieblichen Diversity-Managements und findet dort oftmals eine Überschneidung mit der ethnischen Herkunft oder auch dem Geschlecht. In kleinen und mittleren Unternehmen ist es hingegen schwierig, bewährte Verfahren zu finden.

Bei öffentlichen Verwaltungen wird die neutrale Haltung gegenüber Religionszugehörigkeiten betont. Die Förderung der Akzeptanz von religiöser Vielfalt erfolgt dort implizit z.B. durch anonymisierte Bewerbungsverfahren oder Ausbildungskampagnen für den öffentlichen Dienst.

Bei den kirchlichen Dienstgebern sind besonders ein Fachkräftemangel sowie die Notwendigkeit einer interkulturellen Öffnung im sozialen Dienstleistungssektor ausschlaggebend für eine Haltung, die religiöse Vielfalt berücksichtigt. In diesem Sektor ist ein sehr defensiver Umgang mit religiöser Verschiedenheit festzustellen.

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