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Standardisierte Datenerhebung

zum Nachweis von Diskriminierung?! – Bestandsaufnahme und Ausblick

- Steckbrief zur Machbarkeitsstudie -

Autor*innen: Mario Peucker, Claudia Lechner, im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Erscheinungsjahr: 2010

Kurzüberblick

Die Expertise untersucht, ob und wie eine einheitliche und standardisierte Datenerhebung zum Nachweis von Diskriminierung möglich ist. Die Untersuchung konzentriert sich auf quantitative Datenquellen. Analysiert werden bestehende Ansätze und zukünftige Möglichkeiten einer Dokumentation von Diskriminierungsfällen und -beschwerden durch Beratungsstellen.

Wichtigste Ergebnisse

Messung von Diskriminierung anhand quantitativer Daten – Möglichkeiten und Grenzen

  • Bevölkerungs- und Verwaltungsstatistiken erlauben einen ersten Überblick über Ungleichheiten zwischen benachteiligten Personengruppen und der Gesamtbevölkerung. Allerdings ermöglichen diese keine verlässlichen Aussagen über den Einfluss von Diskriminierung.
  • Befragungen der Mehrheitsbevölkerungen über Einstellungen zu Minderheitengruppen sind als zusätzliche Informationen sehr wichtig. Sie weisen auf ein gesellschaftliches Klima hin, in welches Diskriminierung eingebettet ist.
  • Befragungen benachteiligter Personengruppen liefern Einblicke in die subjektive Dimension von Diskriminierung und sind für bestimmte Fragestellungen – wie zum Beispiel in Bezug auf Bewältigungsstrategien und den psychischen Folgen – von zentraler Bedeutung.
  • Testing-Studien führen zu überzeugenden, validen Ergebnissen über das Vorliegen einer Diskriminierung.
  • Statistiken zu Diskriminierungsbeschwerden knüpfen an die subjektive Erfahrung der Betroffenen an, gehen jedoch meist darüber hinaus.
  • Statistiken aus dem Bereich der Rechtsprechung können zum Nachweis von Diskriminierung Verwendung finden. Eine Umfrage unter den Landesarbeitsgerichten zeigte jedoch, dass diskriminierungsrelevante Gerichtsverfahren nicht expliziert erfasst werden.

Überblick: Landschaft von Anlauf- und Beratungsstellen

Die Autor*innen stellen fest, dass Deutschland derzeit noch von einer flächendeckenden Versorgung mit Antidiskriminierungsberatung und einer einheitlichen Erfassung von Diskriminierungsfällen weit entfernt ist.

  • Der Mehrzahl der Beratungsstellen fehlen die Sensibilität für Diskriminierungsthemen sowie die Kompetenz einer professionellen Antidiskriminierungsberatung.
  • Die vorhandenen Unterstützungsangebote sind nicht im gleichen Maßnahme für die betroffenen Personengruppen verfügbar oder zugänglich.
  • Die meisten der Anlauf- und Beratungsstellen dokumentieren ihre Beratungsarbeit kaum oder gar nicht.

Dennoch lassen sich bei einer steigenden Zahl von Beratungsstellen nicht nur professionelle und qualifizierte Antidiskriminierungsberatung, sondern auch Entwicklungen hin zu einer intensivierten Vernetzung und einer standardisierten Beschwerdedokumentation beobachten.

Handlungsoptionen

Die zentrale Empfehlung der Machbarkeitsstudie

betrifft den Ausbau einer bundesweiten Infrastruktur von Anlauf- und Beratungsstellen und die Professionalisierung der Dokumentation.

Die Autor*innen empfehlen im Einzelnen
  • den Auf- und Ausbau einer flächendeckenden Beratungsinfrastruktur zur Beratung und Unterstützung für Betroffene von Diskriminierung, bestehend aus lokalen Anlaufstellen, regionalen Kompetenzzentren und einer zentralen Koordinierungsstelle;
  • die Steigerung der Inanspruchnahme von Beratungsangeboten durch eine bundesweite Informationskampagne über Antidiskriminierungsrechte;
  • die Durchführung von Schulungen und Entwicklung von Trainingsmaterialien zur Sicherstellung einer kompetenten Antidiskriminierungsberatung;
  • die Entwicklung eines einheitlichen Systems zur Dokumentation von Diskriminierungsfällen und zentrale Sammlung und Auswertung der Beschwerdedaten unter Berücksichtigung von datenschutzrechtlichen Anforderungen;
  • die Einführung einer bundesweit einheitlichen, systematischen Registrierung von Gerichtsverfahren mit Diskriminierungs- bzw. AGG-Bezug durch die zuständigen Gerichte;
  • eine Intensivierung der in Deutschland immer noch schwach ausgebildeten Diskriminierungsforschung durch innovative Analyse und Studien wie zum Beispiel Testing-Verfahren.

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