Bedarf einer Präzisierung und Erweiterung der im AGG genannten Merkmale
- Steckbrief zur Rechtsexpertise -
Autor*innen: Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Erscheinungsjahr: 2019
Kurzüberblick
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht in § 1 sechs Gründe vor, aufgrund derer niemand benachteiligt werden darf:
- die „Rasse“ oder ethnische Herkunft,
- das Geschlecht,
- die Religion oder Weltanschauung,
- eine Behinderung,
- das Alter
oder - die sexuelle Identität.
Benachteiligungen können jedoch auch an andere Diskriminierungsmerkmale anknüpfen, zum Beispiel
- an sozioökonomische Faktoren,
- an die familiäre Situation
oder - an das äußere Erscheinungsbild.
Die Erweiterungen der Schutzgründe in § 1 AGG ist grundsätzlich möglich,
wie ein Blick in anderer EU-Mitgliedsstaaten oder die EU-Grundrechtecharta zeigt.
Die Expertise widmet sich der Frage des Reformbedarfes der geschützten Merkmale im AGG. Im Rahmen einer rechtsvergleichenden Analyse wird untersucht, ob und inwieweit eine Präzisierung oder Erweiterung der im AGG genannten Merkmale angezeigt erscheint. Die Rechtsexpertise umfasst einen Überblick der bisherigen deutschen und europäischen Rechtsprechung sowie die Erhebung des aktuellen Forschungsstandes. Weiterhin wird am Beispiel anderer EU-Mitgliedsstaaten analysiert, inwieweit deren Antidiskriminierungsrecht aufgrund präzisierender oder weiterer Merkmale Wege aufzeigt, um weitere Merkmalsbereiche vor Diskriminierung zu schützen.
Wichtigste Ergebnisse
Es kommen verschiedene Ansätze für eine Verbesserung und Erweiterung des Diskriminierungsschutzes im AGG in Betracht,
insbesondere die Aufnahme weiterer oder die Konkretisierung bestehender Merkmale sowie der Wechsel zu einem offenen Merkmalskatalog.
Insgesamt zeigt sich, dass viele Fallgestaltungen, die in den untersuchten europäischen Rechtsordnungen entweder über zusätzliche Merkmale oder einen erweiterten Anwendungsbereich geschützt sind, jeweils im Einzelfall über die Merkmale des AGG erfasst werden könnten. Insoweit bleibt das Schutzniveau des deutschen Antidiskriminierungsrechts in Deutschland nicht wesentlich hinter dem Schutzniveau der im Rahmen dieser Studie untersuchten vier EU-Mitgliedstaaten zurück.
Handlungsoptionen
Nach Meinung der Auftragnehmer*innen der Studie sollten unter anderem folgende Bereiche einer Prüfung unterzogen werden:
- Rechtliche Konkretisierung für das Merkmal „ethnische Herkunft“ mit Bezug auf „Sprache“ und „Staatsangehörigkeit“
- Rechtliche Klarstellung des Diskriminierungsschutzes aufgrund des Geschlechts und der geschlechtlichen Identität
- Mögliche Aufnahme des Diskriminierungsmerkmals „Familiärer Status“ in das AGG
- Prüfung der Aufnahme des Merkmals „Nachteiliger sozioökonomischer Status“ in das AGG