Navigation und Service

Was tun gegen Diskriminierung bei Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum?

Beispiele Guter Praxis

- Steckbrief zum Forschungsprojekt -

Autor*innen: Barbara Nägele, Nils Pagels und Myrna Sieden (Zoom– Sozialforschung und Beratung GmbH, Göttingen) im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) Erscheinungsjahr: 2022

Kurzüberblick

Das AGG schützt vor Benachteiligungen beim Zugang und der Versorgung mit öffentlich verfügbaren Gütern und Dienstleistungen, einschließlich des Wohnraums (AGG § 2, Abs. 1,8).

Die Anfragenzahlen bei Beratungsstellen zeigen jedoch, dass Diskriminierung bei der Vergabe, der Vermietung und der Verwaltung von Wohnraum noch immer vorkommt. Noch vielen Wohnungsmarktakteuren sind Handlungsansätze und Strategien gegen Diskriminierung bei der Wohnraumvergabe nicht bekannt. Dennoch wächst inzwischen das Bewusstsein der Beteiligten für die Bedeutung der Problematik.

Im Rahmen der Studie wurde im Zeitraum 2021/2022 im gesamten Bundesgebiet nach „Gute Praxis“-Beispielen bei Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum gesucht. Aus 58 identifizierten Maßnahmen wurden 24 vertieft analysiert. Der Studienbericht geht auf das methodische Vorgehen der Recherche, sowie die Auswahl und Analyse der Beispiele ein und stellt deren Auswahlkriterien und Qualitätsanforderungen vor.

Eine vertiefte Analyse der 24 Beispiele beschreibt jeweils die Motivation der Akteure, wie die Maßnahme umgesetzt wird, beleuchten die Einbettung und Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahme und geben Tipps für die Übertragung.

Nach Praxisbeispielen können Sie hier suchen.

Wichtigste Ergebnisse

Ergebnisse des Verbreitungsgrades antidiskriminierender Maßnahmen auf dem Wohnungsmarkt

Die Studienlage zeigt, dass die Wohnungswirtschaft insgesamt noch nicht ausreichend aktiv ihrer Verantwortung für eine diskriminierungssensible Vergabe und Verwaltung von Wohnungen gerecht wird. Auch das Wissen über das Spektrum möglicher präventiver und reaktiver Handlungsmöglichkeiten gegen Benachteiligungen bei Vermieten und Wohnen ist noch lückenhaft. Da die öffentliche Auseinandersetzung mit Diskriminierung am Wohnungsmarkt erst seit kurzem für die Wohnungswirtschaft an Bedeutung gewinnt, gestaltete sich die Suche nach geeigneten Maßnahmen als durchaus herausfordernd. Vielfach wird die Entwicklung von Maßnahmen gegen Diskriminierung und deren öffentliche Kommunikation mehr als Offenlegung von Schwächen denn als Qualitätsentwicklung angesehen.

Ergebnisse der übergreifenden Befunde der Recherche und vertieften Analysen der Beispiele

Die meisten der identifizierten Beispiele sind Maßnahmen, die der Prävention von Diskriminierung dienen. Dazu gehören die Information potenziell Betroffener über Handlungsmöglichkeiten und Rechte, alle Aktivitäten zur Sensibilisierung, Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung sowie Wissenstransfer zum Thema Diskriminierung im Wohnungswesen, Schulungen von wohnungswirtschaftlichen Akteuren zu Diskriminierungsfragen und die niedrigschwellige und diskriminierungssensible Information und Kommunikation mit Mieter*innen. Auch die Entwicklung fairer und transparenter Verfahren zur Vermarktung und Vermietung von Wohnraum sind präventiv, weil sie gleiche Chancen fördern und individuelle Entscheidungsspielräume eingrenzen und damit potenzielle Diskriminierungsrisiken bei der Vergabe reduzieren.

Einige der identifizierten Maßnahmen zielen als kompensatorische bzw. positive Maßnahmen darauf ab, Chancengleichheit und Nachteilsausgleiche für benachteiligte Gruppen zu bewirken und fördern den Zugang zu Wohnraum für diese. Solche kompensatorischen Maßnahmen werden häufig gemeinsam von Sozialbehörden, zivilgesellschaftlichen Akteuren und Wohnungsunternehmen umgesetzt.

Maßnahmen zur Intervention bei Diskriminierungsvorfällen werden vor allem von zivilgesellschaftlichen Akteuren wie Antidiskriminierungsstellen umgesetzt, nur vereinzelt von der Wohnungswirtschaft selbst.

Es konnten nur wenige nachhaltige und umfassende strukturelle Verankerungen von Maßnahmen gegen Diskriminierung in Wohnungsunternehmen ausgemacht werden – z.B. durch Antidiskriminierungskonzepte, die sich in festen Zuständigkeiten, Verpflichtungen, Leitlinien, Prozessen und Strukturen zum Thema ausdrücken.

Neben kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften sind vor allem Kommunen und zivilgesellschaftliche Organisationen wichtige Akteure gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Maßnahmen von privaten Vermieter*innen, Hausverwaltungsfirmen und Verbänden der Wohnungswirtschaft konnten in der Recherche nicht gefunden werden.

Viele der Beispiele stammen aus großen Städten und Ballungsgebieten, auch weil es diskriminierungsgefährdete Gruppen mit angespanntem Wohnungsmarkt zunehmend schwer haben, gleichwertige Chancen bei Vergabeprozessen zu erhalten.

Handlungsoptionen

Die in der Recherche identifizierten Handlungsansätze eignen sich zur Übertragung für Wohnungsmarktakteure aller Art und Größe sowie für öffentliche und zivilgesellschaftliche Organisationen.

Vielfältige vorbildhafte Maßnahme für Chancengerechtigkeit benachteiligter Gruppen auf dem Wohnungsmarkt gibt es aus den Bereichen:

  • Vermietungs- und Vergabeprozesse
  • Maßnahmen des Wohnraumzugangs für Benachteiligte
  • Konfliktmanagement, Mediation, Beschwerdeverfahren
  • Niedrigschwellige Kommunikation und Information
  • Schulungen, Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung
  • Beratung und sozialpädagogische Begleitung für Benachteiligte
  • Testing-Verfahren
  • Dialog, Vernetzung, Strategieentwicklung

Steckbrief ausdrucken

Was tun gegen Diskriminierung bei Vergabe, Vermietung und Verwaltung von Wohnraum?