Absagen auf Bewerbungen von Menschen mit Behinderung 09.09.2019
Natürlich müssen Arbeitgeber keine Personen einstellen, die die erforderlichen Arbeiten nicht ausüben können. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 8 AGG, der Bewerbungsabsagen ermöglicht, wenn die beruflichen Anforderungen dieses notwendig machen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass „wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung“ das vom Arbeitgeber aufgestellte Erfordernis „eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist“. Die Rechtsprechung prüft dementsprechend, ob die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit von der gestellten Anforderung abhängt. In den Fällen, in denen es um eine Behinderung geht, greift außerdem die Pflicht zu angemessenen Vorkehrungen: Nach Art. 5 RL 2000/78/EG der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderung den Zugang zur Beschäftigung zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten. Diese Verpflichtung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. BAG v. 22.05.2014, 8 AZR 662/13, Rn. 47) bei der Anwendung des § 8 AGG zu berücksichtigen. So können die vom Arbeitgeber gestellten Anforderungen nicht „angemessen“ sein, wenn Möglichkeiten z.B. zur Umorganisation des Arbeitsplatzes oder Bereitstellung von Hilfsmitteln, die den Arbeitgeber nicht „unbillig belasten“, nicht genutzt wurden.
In einem solchen Fall konnte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes vermitteln:
Ein öffentlicher Arbeitgeber hatte im Vorstellungsgespräch mitgeteilt, dass für die Einarbeitung zwingende Voraussetzung sei, für längere Zeit an drei verschiedenen Standorten zu hospitieren. Dem Bewerber wäre dieses aufgrund seiner Mobilitätseinschränkungen nicht möglich gewesen, so dass er dadurch faktisch abgelehnt wurde. Hier konnte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine gütliche Einigung dahingehend erreichen, dass der abgelehnte Bewerber bei der nächsten Bewerberrunde erneut eingeladen und ihm eine Stelle angeboten werden sollte, die zu keiner Zeit einen Wohnortswechsel erfordert.
In einem weiteren Beratungsfall hatte sich eine gehörlose Person für eine Stelle als Briefzusteller beworben. Zunächst teilte das Unternehmen mit, dass eine Anstellung aus Gefahrengründen im Paketzentrum und wegen der Kommunikation mit Kunden und dem Team nicht möglich sei, lud die Person dann aber doch zu einem Vorstellungsgespräch ein. Nach dem Vorstellungsgespräch wurde die Bewerbung dann ohne Begründung abgelehnt. Die Antidiskriminierungsstelle bat das betreffende Postunternehmen daraufhin um Stellungnahme zu dem Vorfall. Im Rahmen einer gütlichen Beilegung wurde an den Betroffenen eine Entschädigung gezahlt, eingestellt wurde er jedoch nicht.