Friedrich-Ebert-Gymnasium Mühlheim Black-History-Projekt
Anlässlich des Black History Month erstellten Schüler*innen aus zwei Ethikkursen der 10. Klasse einen Instagram-Kanal. In diesem veröffentlichten sie täglich einen Post, in dem sie sich mit „Black History“, aber auch mit Alltagsrassismus in der Gegenwart auseinandersetzten. Der Kanal war öffentlich, sodass er auch über die Schule hinaus Beachtung fand. Aus dem Engagement der Schüler*innen ist die Courage-AG entstanden, die sich wöchentlich trifft. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Formen von Diskriminierung und im Bereich des sozialen Engagements und bringt diese Themen in die Schulgemeinschaft ein.
- Schulform:
- Gymnasium
- Handlungsfelder:
- Social Media als Kommunikationsplattform, Diskriminierung als Thema in AGs
- Angaben zum Träger des Praxisbeispiels:
- Das Gymnasium hat circa 950 Schüler*innen und befindet sich in Mühlheim, einer Kleinstadt in Hessen.
- Bundesland:
- Hessen
- Diskriminierungskategorie:
- Rassismus
- Durchführung:
- seit 2022
Kontakt
Florence Kunze, Lehrkraft, Leitung der Courage-AG
E-Mail:
florence.kunze@schule.hessen.de
Friedrich-Ebert-Gymnasium Mühlheim
E-Mail:
verwaltung@fe-gymnasium.de
Telefon:
06108 70810
Website:
Friedrich-Ebert-Gymnasium
Durchführende Organisation
Das Gymnasium hat circa 950 Schüler*innen und befindet sich in Mühlheim, einer Kleinstadt in Hessen.
Am Reflexionsgespräch Beteiligte
Eine beteiligte Lehrkraft
Ausgangslage und Motivation
Anlässlich des Black History Month wurde auf Initiative der Lehrer*innen im Ethik- und Religionsunterricht der 10. Klasse diskriminierungskritische Literatur zu diesem Thema gelesen, zum Beispiel von Tupoka Orgette und Alice Hasters. Der Grund dafür war, dass sich das Mühlheimer Bündnis „Bunt statt Braun“ an die Lehrkräfte wendete und fragte, ob diese eine Art Lesezirkel mit der rassismuskritischen Literatur, die sie angeschafft hatten, machen wollten. Die Schüler*innen hatten dann die Idee, einen eigenen Instagram-Kanal „feg_blackhistorymonth“ einzurichten, um das Gelesene über die beteiligten Klassen hinaus zu verbreiten.
Maßnahmenbeschreibung
Das Black-History-Projekt auf Instagram
Als der Kanal eröffnet wurde, posteten die Schüler*innen täglich einen Beitrag zu „Black History“, aber auch zum Alltagsrassismus in der Gegenwart. Es ging zum Beispiel um folgende Fragen: Wie kann man sich im Alltag rassismuskritischer verhalten? Warum kommt es dann trotzdem zu Diskriminierungen? Oft wurden die Posts von „Stories“ begleitet, an denen sich die Follower*innen durch Abstimmungen oder Umfragen beteiligten. Manche der Posts wurden als Poster, die mit einem QR-Code versehen waren, in der Schule aufgehängt. Der Kanal war öffentlich, sodass er auch über die Schüler*innenschaft des Friedrich-Ebert-Gymnasiums hinaus Aufmerksamkeit erregte. Es konnten beispielsweise auch der Stadtverordnete Candas Filiz oder die erste Schwarze Frau im Bundestag, Awet Tesfaiesus, für Interviews und Diskussionsrunden gewonnen werden. Zwischendurch hatte der Kanal 300 Follower*innen und 600–700 Aufrufe pro Tag
Eigenengagement von Schüler*innen, Unterstützung durch Lehrkräfte
Die Schüler*innen waren selbstständig für die Redaktion zuständig. Eine Schülerin betreute den Kanal und das Design, andere erstellten Inhalte. Es war das Ziel, alle Stärken der Schüler*innen einzubeziehen, zum Beispiel in der Öffentlichkeitsarbeit oder im Zeichnen. Unterstützt durch ein bis zwei Lehrkräfte waren circa 50 Schüler*innen aus zwei Ethikkursen in irgendeiner Form beteiligt.
Die Courage-AG
Den Schüler*innen war es wichtig, dass daraus etwas Neues erwächst. Es war aber auch klar, dass dies nicht allein im Ethikunterricht geschehen konnte. Also wurde die Courage-AG gegründet, welche den Instagram-Kanal in „courage.ag.feg“ umbenannte. Die Gruppe trifft sich einmal wöchentlich für 90–120 Minuten, beginnend mit der Mittagspause, und besteht derzeit aus etwa 15 Schüler*innen, hauptsächlich aus den 9. und 11. Klassen. Innerhalb der Gruppe gibt es verschiedene thematische Projektgruppen, die selbstständig Ideen entwickeln und weiterbearbeiten.
Die Identifikation in der Gruppe ist groß und das Themenspektrum wurde um verschiedene Formen der Diskriminierung und des sozialen Engagements erweitert. Ziel ist es, auch über den Instagram-Kanal hinaus in kurzen Projekten und Kooperationen praktischer zu arbeiten.
Die Schüler*innen wollen die Schulgemeinschaft stärken, das Bewusstsein für Inhalte aus der Umgebung und aus der Welt außerhalb der Schule schaffen und für die verschiedenen Klassenstufen aufbereiten. Der Kontakt zu anderen Institutionen in Mühlheim, wie aktuell zu einem Seniorenheim, wurde über den Koordinator für soziales Ehrenamt der Stadt Mühlheim hergestellt. Auch die Anschaffung einer Regenbogenflagge war für die Schüler*innen wichtig.
Verstetigung und Verankerung
Die beteiligte Lehrerin hat dafür AG-Stunden. Darüber hinaus gibt es eine große Wertschätzung für die Courage-AG, die sich zum Beispiel darin zeigt, dass die Gruppe während der Projektwoche als eigenständige AG arbeiten durfte und auch Material für die AG angeschafft wird.
Positive Effekte aus Sicht der Akteur*innen
In der Schule wurde viel über das Black-History-Projekt gesprochen. Unabhängig von der Klassenstufe und dem Fach wurde der Post des Tages von Lehrkräften und Schüler*innen thematisiert. In einer abschließenden Umfrage gaben 94 Prozent der Teilnehmer*innen an, dass sie sich besser über Rassismus informiert fühlten. 96 Prozent wünschten sich, in Zukunft mehr über politische und gesellschaftliche Themen über den Kanal zu erfahren.
Die Courage-AG stärkt alle, die sich daran beteiligen. Schüler*innen, die selbst von Diskriminierung betroffen sind, finden dort einen Zufluchtsort. Von Rassismus betroffene Schüler*innen schrieben persönliche Nachrichten, berichteten über Rassismuserfahrungen und baten um Tipps.
Mithilfe des Instagram-Kanals wurde es möglich, Erkenntnisse aus dem Unterricht, Literaturempfehlungen und persönliche Erfahrungen zu teilen, sich über die Inhalte auszutauschen und so mehr Bewusstsein für strukturellen und alltäglichen Rassismus zu schaffen. Die Schüler*innen wurden sensibilisiert, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen, Verantwortung zu übernehmen, sich aktiv gegen Rassismus einzusetzen und somit demokratisch zu handeln.
Die Initiative ging von den Schüler*innen selbst aus, die das Bedürfnis hatten, diesen Inhalten in der Schule mehr Raum zu geben, aber sie wirkte auch auf andere Gruppen wie das Kollegium oder die Eltern.
Gelingensfaktoren, Herausforderungen und Grenzen
Gelingensfaktoren
Die verantwortliche Lehrkraft suchte im Vorfeld das Gespräch mit von Rassismus betroffenen Schüler*innen. Es war ihr wichtig, den Betroffenen zu sagen, dass sie sich bei Redebedarf bei ihr melden können. Sie betonte, dass alle ihre Grenzen wahren dürfen und dass es um das Zuhören und Teilen von Erfahrungen geht. Zwischendurch sprach die Lehrerin mit den Schüler*innen darüber, was das Projekt bei ihnen auslöst und wie sie damit umgehen möchten.
Zu Anfang des Black-History-Projekts thematisierten die Schüler*innen die Sprache. Es ging ihnen nicht um politisch korrekte Sprache, sondern eher darum, welche Begriffe sie selbst nicht mehr nutzen möchten.
Herausforderungen und Grenzen
Der Vorteil einer kleinstädtischen Schule ist, dass sich alle seit Langem kennen. In anderen Fällen kann es schwieriger sein, in einem gemischt positionierten Raum über diese Inhalte zu sprechen. So war es zum Beispiel während des Pride Month wichtig, die Schüler*innen vor Anfeindungen zu schützen und ihnen auch im Vorfeld aufzuzeigen, was sie erwarten könnte. Sie gingen durch die Klassen, um für die Regenbogenflagge zu werben. Das Kollegium wurde von der am Projekt beteiligten Lehrkraft gebrieft, einzugreifen und die Gruppe zu unterstützen, wenn es Widerstand gab.
Soziale Medien wie Instagram bergen die Gefahr, dass sich Einzelne nicht an die Netiquette halten und es problematische Kommentare gibt. Außerdem werden dort nur diejenigen erreicht, die generell bereit sind, sich mit „sozialem Engagement“ und „Antidiskriminierung“ auseinanderzusetzen.
Tipps für die Übertragung
Ausgehend von ihrer Erfahrung sehen die beteiligten Lehrer*innen verschiedene Aspekte, die ein solches Projekt stärken:
- In allen Schulen gibt es engagierte Schüler*innen, die gerne ihre Freizeit damit zubringen, sich intensiver mit Themen auseinanderzusetzen. Diese als Gruppe zusammenzubringen, kann viel bewirken.
- Es ist wichtig, die gesamte Schule einzubeziehen, kritische Reaktionen oder Nachfragen ernst zu nehmen und den Personen auch zu zeigen, dass man diese Fragen nachvollziehen kann.
- Es sollte genug Vorlaufzeit eingeplant werden für Projekte, da immer sehr viele andere Aufgaben (Klassenfahrten, Prüfungen) dazwischenkommen.
- Mit Impulsen auf verschiedenen Ebenen (rational, emotional) können mehr Schüler*innen erreicht werden.
