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Grüneberg-Schule, Köln Black History Month

Die Grüneberg-Schule hat während des Black History Month in allen Klassen zur Biografie von je einer Schwarzen Persönlichkeit gearbeitet. Am Ende wurden die daraus entstandenen Projekte in einer Ausstellung gezeigt. Sie hat damit einen Weg gefunden, das Thema Rassismus mit Grundschulkindern zu bearbeiten.

Schulform:
Grundschule
Handlungsfelder:
Diskriminierung als Thema im Unterricht, Projektwochen an der ganzen Schule
Bundesland:
Nordrhein-Westfalen
Diskriminierungskategorie:
Rassistische Zuschreibungen
Durchführung:
seit 2022

Kontakt

Linda von Cossart, Lehrerin E-Mail: linda.voncossart@gmail.com Grüneberg-Schule
E-Mail: grueneberg-schule@stadt-koeln.de Telefon: 0221 99222020 Website: Schulwebsite

Durchführende Organisation

Die Grüneberg-Schule ist eine vierzügige Grundschule im Kölner Stadtteil Kalk mit circa 300 Kindern. Da es eine „Gemeinsam-Lernen“-(GL-)Schule ist, sind viele Kinder mit besonderem Förderbedarf an der Schule. Zudem ist der Stadtteil Kalk geprägt durch viele zugewanderte Eltern und Kinder, zahlreiche Schüler*innen haben Deutsch als Zweitsprache gelernt. Es gibt daher eine fest etablierte sozial- und sonderpädagogische Teamarbeit in den Klassen. Das Kollegium besteht aus circa 30 Lehrer*innen, Sozialpädagog*innen und Sonderpädagog*innen.

Am Reflexionsgespräch Beteiligte

Wir führten das Gespräch mit der Klassenlehrerin einer 1. Klasse. Zum Zeitpunkt des Projekts war sie auch Teil des kommissarischen Schulleitungsteams.

Ausgangslage und Motivation

Auslöser und erste Fragen

In einer 1. Klasse äußerte ein Schwarzes Kind gegenüber seiner Lehrerin immer wieder, dass es weiß sein wolle und keine Freund*innen habe, weil es Schwarz sei. Die weiße Klassenlehrerin dieser Klasse und der*die zuständige Schwarze Sozialpädagog*in standen vor der Frage, wie diese Problematik im Grundschulbereich besprechbar ist. Die Lektüre des Buches „„Gib mir mal die Hautfarbe“ – Mit Kindern über Rassismus sprechen“ gab dann den Anstoß, das Thema ins Kollegium einzubringen. Wie kann es gelingen, dass in der Schule mehr über Anti-Schwarzen Rassismus gesprochen wird, sowohl mit den Kindern als auch im Kollegium? Das war bisher an der Schule nicht üblich, wie es vermutlich generell an Grundschulen wenig üblich ist. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die alle auch im Kollegium genannt wurden:

  • Es gibt kaum geeignetes Material.
  • Viele Kolleg*innen denken, dass das Thema Rassismus für die Altersgruppe zu schwer und belastend ist.
  • Andere haben die Sorge, Schwarze Kinder in den Klassen über die Thematisierung zu Opfern zu machen.
  • Nicht zuletzt gibt es eine große Unsicherheit, wie über Rassismus mit Kindern angemessen gesprochen werden kann.

Die Projektgruppe mit den beiden Kolleg*innen ist diesen Fragen nachgegangen.

Die Projektidee

Die Idee war dann, den Black History Month als Klammer zu nutzen. Im Black History Month werden Schwarze Persönlichkeiten der Geschichte gefeiert. Dies ermöglicht, über Rassismus zu sprechen, ohne die Gewalt und den Schmerz in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Stärke der Menschen. Dies – so die Idee – kann empowernd wirken.

Maßnahmenbeschreibung

Von der Idee zur Konzeption

Da das Projekt schulweit durchgeführt werden sollte, holten sich die Initiator*innen die Zustimmung des gesamten Kollegiums. Auch die Eltern wurden über einen Elternbrief informiert.

Der nächste Schritt war eine Fortbildung für das gesamte Kollegium zum Thema „Rassismus an Schulen“, die im Kollegium die Zustimmung zum Vorhaben nochmals erhöht hat. Die Schwarze Trainerin Gina Hitsch stellte das Konzept des Alltagsrassismus vor und berichtete über eigene Erfahrungen an Schulen. Ihre Impulse, wie Schulen mit Rassismus umgehen können, bezogen sich allerdings nicht auf Grundschulen. Diesen Transfer musste die Projektgruppe selbst leisten.

Der Black History Month

Gemeinsames Ziel war, zum Black History Month eine Ausstellung aufzubauen, zu der jede Klasse einen Beitrag leistet. Dies konnte ein Kunstobjekt sein, ein kleiner Film oder ein Plakat.

Jede Klasse hat in den Wochen vor dem Black History Month ein Buch über eine Schwarze Persönlichkeit gelesen. Die Projektgruppe hatte eine Vorauswahl für die jeweiligen Jahrgangsstufen getroffen und die Lehrer*innen haben sich dann eine Person ausgesucht und dann selbst ein pädagogisches Konzept erstellt. Dabei konnten sie auf die fachliche Unterstützung des kleinen Projektteams zurückgreifen.

Da die Vorlaufzeit eng bemessen war, hat sich in den zwei Wochen vor der Ausstellung die ganze Schule in Kompaktphasen fast ausschließlich mit dem Projekt beschäftigt.

Am Ausstellungstag konnten dann vormittags die Kinder die Ausstellung besuchen, mittags die Presse und nachmittags die Eltern.

Verstetigung und Verankerung

Die Lehrer*innenkonferenz hat beschlossen, auch in den nächsten Jahren im Februar ein Projekt zum Black History Month durchzuführen. Da die Schulleitungsstelle zu der Zeit vakant war, hatte diese Entscheidung ein besonderes Gewicht. Auch sind weitere Fortbildungen mit Antirassismus-Trainer*innen geplant.

Wurde das erste Projekt vom Förderverein der Schule finanziert, kann die Schule nun zusätzlich das fair@school-Preisgeld für das neue Projekt einsetzen.

Die Schüler*innen

Bei den Schüler*innen hat die Erfahrung dieser Wochen Spuren hinterlassen. Dies sei, so die Lehrerin, auch im Umgang unter den Kindern in der Schule spürbar. Für das Schwarze Mädchen in ihrer Klasse nimmt sie an, dass es empowernd war.

Das Kollegium

Die intensive Beschäftigung mit Rassismus hat zu einer bewussten Auseinandersetzung im Kollegium geführt. Das Projekt wurde wie alle Projekte bei einer Lehrer*innenkonferenz ausgewertet. Das Feedback war sehr gut.

Das große öffentliche Echo mit Berichten in Zeitung und WDR, dem fair@school-Preis der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der Einladung zu einer Schwarzen Kinderbuchmesse hat das Kollegium noch mal sehr bestärkt, diesen Weg weiterzugehen.

Die Eltern

Zu der Ausstellung kamen so viele Eltern, dass der Raum der Ausstellung zeitweise wegen Überfüllung geschlossen werden musste. Dies war an einer Schule, in der sonst kaum Eltern an den Schulaktivitäten teilnehmen, sehr bemerkenswert. Es kamen viele Eltern, die selbst in ihrer Schulzeit Rassismus erlebt hatten. Sie gaben die Rückmeldung, dass sie sich so ein Projekt damals auch gewünscht hätten.

Schulmaterial

Die Auseinandersetzung mit den neuen Materialien hat im Kollegium zu einer hohen Sensibilität für das bestehende Schulmaterial geführt. Die Projektgruppe hat Schulbuchverlage angeschrieben und Bilder in Schulbüchern kritisiert, die aus ihrer Perspektive Rassismus reproduzieren. Manche Lehrkräfte haben selbst eigene Bildkarteien erstellt, die diverser sind.

Gelingensfaktoren, Herausforderungen und Grenzen

Gelingensfaktoren

Gemeinsame Aktivität

Es hat eine große Wirkung entfaltet, dass das Projekt zur gleichen Zeit in der ganzen Schule stattgefunden hat. So war das Thema Rassismus in dieser Zeit an der ganzen Schule sehr präsent, sowohl im Lehrer*innenzimmer als auch auf dem Pausenhof.

Methodische Vielfalt

In allen Klassen wurden Bücher vorgelesen. Danach entwickelte jedes Klassenteam für die jeweilige Persönlichkeit einen passenden Zugang. Bei der Schwarzen Sängerin Aretha Franklin ging es zum Beispiel um die Frage, was eigentlich Gospels sind. Über ihren Auftritt bei der Beerdigung von Martin Luther King und dessen Rolle in der Bürgerrechtsbewegung wurde dann auch das Thema Rassismus angesprochen. Dennoch ging es immer zuerst um den Menschen. Was hat die Person gemacht? Wofür wird sie gefeiert?

Grundschulklassenlehrer*innen unterrichten verschiedene Fächer in einer Klasse. So konnten sie das Thema Rassismus aus verschiedenen fachlichen Perspektiven bearbeiten. Zum Teil waren auch Fachlehrer*innen eingebunden, bei dem Schwarzen Basketballer Michael Jordan beispielsweise der Sportlehrer.

Wie erklärt man Kindern Rassismus?

Kinder verstehen schon sehr früh das Konzept von fair und unfair: Wie ist das, wenn bei einem 100-Meter-Lauf eine Person zehn Meter Vorsprung bekommt? Wie ist das, wenn das immer wieder im Leben passiert, dass einer nicht die gleichen Chancen hat? Mit diesen Beispielen aus dem Buch „Wie erkläre ich Kindern Rassismus?“ von Josephine Apraku hat das Projektteam in der eigenen Klasse gearbeitet und Rassismus altersgerecht erklärt. Daraus ergab sich fast automatisch die Frage, was Kinder, was Eltern, was Lehrer*innen dagegen tun können. Dieses Klassengespräch erinnert die Lehrerin als ein Highlight. Die Kinder waren voll dabei und haben viele Ideen entwickelt.

Vorerfahrungen

Es war sicherlich ein Vorteil, dass die Klassenteams der GL-Schule Erfahrung mit dem Thema Inklusion haben. Die Rollentrennung zwischen Lehrer*innen und Sozialpädagog*innen löst sich hier etwas auf. Als Grundschullehrer*innen haben sie ohnehin eine sehr fürsorgliche Beziehung zu den Kindern.

Dass die kleine Projektgruppe selbst ein Schwarz-weißes Team war, ist erst so richtig aufgefallen, als bei einer Projektpräsentation ältere Schüler*innen sagten, dass sie sich als Kinder auch gewünscht hätten, eine Schwarze Lehrerin zu haben und eine weiße, die sich hier so klar positioniert.

Flache Hierarchien

In der Grüneberg-Schule war zum Zeitpunkt des Projekts die Schulleitungsstelle vakant. Die Leitung einer anderen Schule hat die Leitung mit fünf Stunden Deputat mit übernommen. Dies hat dazu geführt, dass das gesamte Kollegium in die Verantwortung gegangen ist. Die Hierarchien waren sehr flach, die Zusammenarbeit sehr eng. Dies hat es in diesem Fall erleichtert, ein solches Projekt in der ganzen Schule umzusetzen.

Herausforderungen und Grenzen

Besonderung

Die Initiator*innen waren sich bewusst, dass sie mit dem Projekt das Risiko der Besonderung nicht vermeiden konnten. Was bedeutet es für das einzige Schwarze Kind in einer Klasse, wenn Hautfarbe plötzlich so im Mittelpunkt steht? Dem konnte begegnet werden, indem bei der Bearbeitung immer zuerst die Person im Fokus stand und erst dann die Hautfarbe.

Zeitressourcen

In der 4. Klasse war es schwieriger, sich so kurzfristig die Zeit für das Projekt zu nehmen, weil hier der Stoff eine größere Rolle spielt. Damit es alle besser einplanen können, wurde der Projektzeitraum für das Folgejahr schon frühzeitigt festgelegt.

Es gab aufgrund der kurzen Vorlaufzeit und wegen vieler anderer Themen zu wenig Zeit für die gemeinsame Vorbereitung und dann auch für die Auswertung im Kollegium. Es wäre im Rückblick auch gut gewesen, mit den Eltern bereits im Vorfeld mehr ins Gespräch zu kommen und sie mehr einzubeziehen.

Weiterentwicklung

Für die Fortführung wurde eine AG Antidiskriminierung gegründet, der noch zwei weitere Kolleg*innen angehören. Diese AG will neben dem Thema Rassismus auch zu anderen Diskriminierungskategorien Aktivitäten entwickeln.

Tipps für die Übertragung

Die Initiator*innen sehen zwei wesentliche Voraussetzungen für den Start eines solchen Projekts. Zum einen braucht es ein konkretes pädagogisches Konzept, bevor die Arbeit in der Klasse beginnt. Ein Teil sollte dabei immer sein, mit den Kindern konkrete Strategien zu entwickeln, was sie gegen Rassismus tun können.

Zum anderen sollten alle Kolleg*innen über die wesentlichen Begrifflichkeiten Bescheid wissen: So wurde an alle ein Antirassismus-Abc aus dem Buch „Gib mir mal die Hautfarbe“ verschickt.

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