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Schwarze Schafe e. V. Schwarze Schafe PowerSpace

In Kooperation mit Schulen planen die Trainer*innen von Schwarze Schafe e. V. Empowermentworkshops, in denen sich von Diskriminierung betroffene Schüler*innen mit ihren Erfahrungen auseinandersetzen können. Das spezielle Workshopformat des Vereins nennt sich PowerSpace. Darin tauschen sich die Schüler*innen über ähnliche Erfahrungen aus und entwickeln neue Handlungsmöglichkeiten für ihren Alltag. Die Erprobung dieser Handlungsmöglichkeiten in einem geschützten Raum gibt den Teilnehmenden mehr Sicherheit im Umgang mit rassistischen Erfahrungen.

Schulform:
Berufsschule, Förderschule, Gemeinschaftsschule, Gesamtschule, Grundschule, Gymnasium, Oberschule, Sekundarstufe
Handlungsfelder:
Empowerment
Angaben zum Träger des Praxisbeispiels:
Außerschulischer Bildungsträger, der Angebote für alle Schulformen macht
Bundesland:
bundesweit
Diskriminierungskategorie:
Rassismus
Durchführung:
seit 2020

Kontakt

Modou Diedhiou E-Mail: info@schwarze-schafe-online.de

Durchführende Organisation

Schwarze Schafe bietet Bildungsformate und Workshops an, um junge Menschen, die gesellschaftlich marginalisierten Gruppen zugeschrieben werden, zu empowern. Die Angebote des gemeinnützigen Vereins können bundesweit von Schulen angefragt werden.

Am Reflexionsgespräch Beteiligte

Am Reflexionsgespräch haben zwei Trainer*innen von Schwarze Schafe e. V. teilgenommen.

Ausgangslage und Motivation

Fehlende Räume für die Bearbeitung von Diskriminierungserfahrungen

Im Rahmen der rassismuskritischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen beobachteten die Trainer*innen von Schwarze Schafe oft, dass Jugendliche von Diskriminierungserfahrungen an der Schule berichten und nach Handlungsmöglichkeiten fragen. Schüler*innen fehlen nach Diskriminierungserfahrungen in ihrem Schulalltag häufig Möglichkeiten und passende Räume, um frei von Wertung und Rechtfertigungsdruck über ihre Erlebnisse und Eindrücke zu sprechen. Auch fehlt es an Gelegenheiten, sich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen machen.

Ziel des Angebots

Hier setzt das Format PowerSpace an. Das kurzfristige Ziel besteht darin, die Schüler*innen in ihren Ressourcen zu bestärken und bereits bestehende Strukturen zur Vernetzung und Unterstützung für sie sichtbar zu machen. Nach dem Workshop können die Schüler*innen idealerweise vergangene und künftige Diskriminierungserfahrungen besser einordnen, fühlen sich daher weniger ohnmächtig und gewinnen Selbstwirksamkeit zurück.
Das langfristige Ziel ist es, Schulen nachhaltig dabei zu unterstützen, einen sicheren Lernort für alle Schüler*innen zu schaffen, der frei von Diskriminierung ist.

Maßnahmenbeschreibung

Zugang zu den Schulen und Schüler*innen

In der Regel werden die PowerSpace-Workshops von Schulen angefragt, mit denen es bereits eine längere Kooperation zu rassismuskritischen Workshops in Schulklassen gegeben hat. Wenn engagierte Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen oder „Respekt Coaches“ (Bundesprogramm) im Nachgang zu den Workshops den Bedarf für Empowerment sehen, wenden sie sich an Schwarze Schafe e. V. Je nach dem konkreten Anlass werden dann zum Beispiel Safer Spaces ausschließlich für Schwarze Kinder und Jugendliche oder für Muslim*innen ausgeschrieben.

Die Pädagog*innen sprechen manche Schüler*innen auch direkt an und machen über Aushänge schulöffentlich auf das Angebot aufmerksam. Die Schüler*innen ermutigen sich dann oft auch untereinander, an dem Empowermentangebot teilzunehmen.

Empowerment-Workshops

Die PowerSpaces finden meist als einmalige ein- oder zweitägige Workshops im Rahmen von Projekttagen statt. So können die anderen Schüler*innen gleichzeitig an parallelen thematischen Workshops teilnehmen. Es gibt aber auch PowerSpaces, für die die Schüler*innen vom regulären Unterricht freigestellt werden.
Pro Workshop können fünf bis 20 Schüler*innen teilnehmen, bewährt hat sich eine Anzahl von zehn bis 15. Die PowerSpaces richten sich potenziell an Schüler*innen von der 5. bis zur 12. Klasse sowie an Berufsschüler*innen, der Schwerpunkt liegt auf den Jahrgangsstufen 9–10. Sie können jahrgangsübergreifend oder in einem Jahrgang durchgeführt werden.

Die Methoden der Empowermentarbeit

Das Angebot richtet sich explizit nur an von rassistischer Diskriminierung betroffene Schüler*innen. Durch den Ausschluss von Personen, die diese Erfahrungswerte nicht teilen, wird ein Safer Space, also ein relativ geschützter Raum, für die Teilnehmenden ermöglicht. Die Trainer*innen nehmen sich Zeit, einen Raum zu schaffen, in dem sich alle Personen wohlfühlen und frei sprechen können. Dafür ist es wichtig, dass das Gesagte von anderen aus der Gruppe möglichst nicht bewertet wird. Nur so entsteht ein Vertrauen, das es möglich macht, auch schmerzhafte Erfahrungen miteinander zu teilen.
Unter Anleitung eines*einer Schwarze Schafe Trainers*in nehmen die Schüler*innen an verschiedenen Übungen teil, die die Aufarbeitung persönlicher Erfahrungen, den Austausch untereinander und die Stärkung der eigenen Resilienz und Ressourcen zum Ziel haben.

Ein Element der PowerSpaces ist das gemeinsame Aneignen von sprachlichen Werkzeugen, um die Erfahrung von Diskriminierung benennen zu können. Der PowerSpace soll auch helfen, neue Strategien für den Umgang mit diskriminierenden Situationen zu entwickeln. Hier finden ein Austausch und ein gemeinsames Lernen schon erprobter Umgangsstrategien von Schüler*innen und Trainer*innen statt.

Die Sprache und Methodik der Trainings variieren je nach Altersgruppe der Teilnehmenden.

Verstetigung und Verankerung

Die Anfragen für das Format PowerSpace steigen stetig und immer mehr Schulen öffnen sich für das Angebot. Die Finanzierung der PowerSpace-Arbeit geschieht hierbei häufig über regionale oder überregionale Förderprogramme oder schulinterne Fördervereine.

Verstehen

Die Trainer*innen beschreiben, dass die Schüler*innen durch die Workshops erleben, dass andere Menschen – nicht zuletzt die Trainer*innen selbst – ähnliche Erfahrungen machen und Diskriminierung in keiner Weise zu legitimieren ist. Die Schüler*innen erhalten den Raum, eigene Ressourcen und Potenziale zu reflektieren. Sie fühlen sich verstanden und können selbstbewusster und gestärkt am Schulleben teilnehmen.

Empowern

Die Schulen, an denen der PowerSpace stattfand, melden an die Trainer*innen zurück, dass die Schüler*innen eine Sprache für Diskriminierungserleben gefunden haben. Sie haben nun andere Möglichkeiten, ihre Erfahrungen direkt anzusprechen und Diskriminierung in Klassen zu thematisieren.

Vernetzen

Über die klassenübergreifenden Workshops lernen sich von Diskriminierung betroffene Schüler*innen kennen und vernetzen sich. An manchen Schulen entstehen aus den Workshops auch schulinterne Gruppen, die über die Workshops hinaus dazu beitragen, dass die Jugendlichen sich gegenseitig stärken können.

Gelingensfaktoren, Herausforderungen und Grenzen

Gelingensfaktoren

Voraussetzungen an der Schule

Nach Ansicht der Trainer*innen sind kompetente Ansprechpartner*innen für Diskriminierung an der Schule die Voraussetzung für externe Empowermentangebote an Schulen. Am besten läuft die Ansprache an Schulen, an denen es zum Beispiel über die Schulsozialarbeit oder „Respekt Coaches“ Anlaufstellen gibt, die für das Thema Diskriminierung offen sind.
Schwarze Schafe e. V. bevorzugt für dieses Format daher Schulen, die sich schon mit Diskriminierung auseinandergesetzt haben und wissen, was ein Empowermentraum ist. Dabei hat sich als hilfreich herausgestellt, wenn die Trainer*innen von Schwarze Schafe schon länger an der Schule PowerSpaces anbieten und das Format bereits etabliert ist.

Externe Durchführung durch Empowerment-Trainer*innen

Während und nach einem Training berichten beteiligte Schüler*innen den Trainer*innen, dass sie erleichtert waren, dass es sich bei der Gruppenleitung um eine externe Person handelt ohne Einfluss auf Benotung oder andere schulische Maßnahmen.
Weil Schwarze Schafe Trainer*innen selbst von Diskriminierung betroffen sind und viele der geschilderten Situationen nachvollziehen können, fühlen sich die Schüler*innen verstanden und verspüren keinen Rechtfertigungs- oder Erklärungsdruck. So können sie sich ganz auf die Auseinandersetzung mit Handlungsmöglichkeiten, ihren Stärken und Ressourcen und den Austausch in der Gruppe einlassen.

Kommunikation der Inhalte an die Schule

Zu jedem PowerSpace gibt es mit den Ansprechpartner*innen an der Schule ein Nachgespräch. Hier können die Trainer*innen für die Schule relevante Themen, von denen sie über ihre Arbeit in den PowerSpaces erfahren haben, auf der Metaebene ansprechen. Grundsätzlich gilt aber die Regel: „Was im Raum geteilt wird, bleibt im Raum.“ Konkrete Vorfälle können also nur thematisiert werden, wenn das explizit von den Betroffenen gewünscht wird.

Herausforderungen und Grenzen

Othering durch Safer Spaces?

Ein Risiko von Empowermentarbeit an Schulen besteht laut Trainer*innen darin, dass von Diskriminierung betroffene Schüler*innen durch die Workshops noch sichtbarer und angreifbarer für andere werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die PowerSpaces nicht parallel zu anderen Workshops stattfinden, sondern die Schüler*innen an ihnen statt am regulären Unterricht teilnehmen.

Daher bieten die Trainer*innen von Schwarze Schafe die Workshops vor allem dann an, wenn es einen konkreten Vorfall an der Schule gegeben hat und so beispielsweise Rassismus bereits ein Thema an der Schule ist. In so einer Situation werden Schwarze Schüler*innen ohnehin besonders wahrgenommen und der PowerSpace stellt kein zusätzliches Othering dar. In solchen Situationen ist erfahrungsgemäß auch die Hürde, an einem Empowerment-Workshop teilzunehmen, niedriger.
Da die Trainer*innen nur für den Workshop an die Schule kommen, spielen in der gesamten Bearbeitung des Vorfalls die Feinfühligkeit und Kompetenz der schulischen Ansprechpartner*innen eine große Rolle.

Kaum Einfluss auf die strukturelle Ebene

Durch die Empowermentarbeit in der Form von einmaligen Workshops haben die Trainer*innen kaum Einfluss auf die Etablierung von nachhaltigen Strukturen zur Bekämpfung und zur Aufarbeitung von Diskriminierung. Über die zum Teil längerfristige Zusammenarbeit findet oft eine Art unbezahltes Coaching der schulischen Ansprechpersonen statt. Dabei geht es auch um ergänzende Maßnahmen an der Schule. Es wäre wünschenswert, das Programm dahin gehend zu erweitern, dass ein Coaching ein fester Bestandteil des Angebots ist.

Kaum längerfristige Begleitung der Teilnehmer*innen

Eine weitere Begrenzung des Angebots ist nach den Trainer*innen die einmalige Begleitung der Teilnehmer*innen. Der Prozess des Empowerments braucht aber ein regelmäßiges Angebot. Die Wirksamkeit des Programms könnte erhöht werden, wenn die PowerSpaces in regelmäßigen Abständen für die gleichen Schüler*innen angeboten würden.
Einzelne Schüler*innen nutzen jetzt schon die Möglichkeit, über Instagram oder E-Mail in Kontakt mit den Trainer*innen zu bleiben. Hierüber erhalten sie Zugang zu regelmäßigen Online-Angeboten von Schwarze Schafe e. V. In der Regel verweisen die Trainer*innen bei Nachfragen aber auf eine Antidiskriminierungsberatung oder andere passende Angebote.

Andere Diskriminierungserfahrungen

In einem Empowermentraum zum Thema Rassismus können auch andere Erlebnisse, zum Beispiel aus dem Bereich Ableismus, angesprochen werden. Dann kann es sein, dass die Trainer*innen zu diesen Themen nicht aus eigener Erfahrung sprechen können. In diesen Situationen ist es wichtig, die eigenen Grenzen als Trainer*in zu kennen. Die Trainer*innen können sich dann parteiisch auf die Seite derjenigen stellen, die diese Erfahrung einbringen. Aber es wird nicht die Tiefe des Austauschs möglich wie zu den Erfahrungen, die sie selbst teilen. Eine Möglichkeit ist es dann, andere Empowerment-Trainer*innen einzubeziehen oder die Schüler*innen auf andere Beratungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen.

Tipps für die Übertragung

Für die Trainer*innen von Schwarze Schafe ist das Bewusstsein über die eigene begrenzte Wirksamkeit aufgrund der beschriebenen Herausforderungen der Empowermentarbeit an der Schule von zentraler Bedeutung. Ohne kompetente Ansprechpersonen an der Schule verpufft die Energie, die durch die Arbeit erzeugt wird.

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