Immowelt Informationen über Diskriminierung am Wohnungsmarkt
Immowelt bietet auf der Wohnungsvermittlungsplattform ausführliche Informationen über Diskriminierung am Wohnungsmarkt und wie Betroffene darauf reagieren können. Die Informationen sind in Kooperation mit der Landesantidiskriminierungsstelle Berlin entstanden.
- Art des Wohnungsmarktakteurs:
- Online-Marktplatz
- Diskriminierungsmerkmale:
- Behinderung, Ethnische Herkunft / Rassismus, Familiengröße, Fluchthintergrund, Geschlecht, Religion / Weltanschauung, Sexuelle Identität, Sozioökonomischer Status, Wohnungslosigkeit
- Durchführung:
- bundesweit / online seit 2020
Kontakt
Caroline Schiko - Project Leader Editorial Team E-Mail: caroline.schiko@immowelt.de
Angaben zum Wohnungsmarktakteur
Die Immowelt GmbH betreibt eines der großen digitalen Immobilienportale in Deutschland und hat ihren Hauptsitz in Nürnberg. Immowelt wurde 1991 gegründet und beschäftigt in der Immowelt Group circa 600 Mitarbeiter*innen.
Ausgangslage und Motivation
Immowelt hat eine eigene Redaktion mit sieben Mitarbeiter*innen, die Ratgeberartikel zu vielen verschiedenen Themen verfasst. Schwerpunkte sind Artikel zu Miet- und Immobilienrecht, aber in regelmäßigen Abständen werden auch Beiträge zu anderen relevanten Fragen rund um den Wohnungs- und Immobilienmarkt veröffentlicht.
Im Redaktionsteam gab es schon länger den Wunsch, einen Artikel zum Thema Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu verfassen. Grund hierfür waren Erfahrungsberichte von unterschiedlichen Menschen. Zum Teil handelte es sich um Nutzer*innen, auch eine ehemalige Kollegin hatte von ihren eigenen Diskriminierungserfahrungen erzählt.
Caroline Schiko, Projektleiterin des Editorial Teams, hat deshalb Kontakt zur Landesantidiskriminierungsstelle des Landes Berlin (LADS) aufgenommen Aus dieser Kooperation sind die ausführlichen Informationen entstanden, die unter https://ratgeber.immowelt.de/a/diskriminierung-auf-dem-wohnungsmarkt. html zu finden sind.
Maßnahmenbeschreibung
Die Website, die am 17. September 2020 online gegangen ist, gliedert sich in sechs verschiedene Bereiche:
- „Wann fängt Diskriminierung an?“
- „Vom Gesetz nicht genannte Diskriminierung“
- „Gesetz bietet Vermietern Ausnahmeregelungen“
- „Gefahren der Ausnahmeregelungen“
- „Wie Mieter gegen Diskriminierung vorgehen können“ und
- „Fälle aus der Beratungspraxis“
Im ersten Abschnitt wird erklärt, welche Vorgaben das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Hinblick auf Diskriminierung im Vermietungsprozess macht. Die textlichen Ausführungen werden durch ein Video der LADS Berlin zu Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ergänzt. Dieses ist auch in Deutscher Gebärdensprache verfügbar.
Unter der Überschrift Vom Gesetz nicht genannte Diskriminierung wird darauf hingewiesen, dass der soziale Status oder die Merkmale Alleinerziehend beziehungsweise Anzahl von Kindern nicht als Diskriminierungsmerkmale im AGG aufgeführt sind und deshalb auch nicht rechtlich verfolgt werden können. In der Praxis sind diese aber sehr relevant. An dieser Stelle wird als Hinweis für Ratsuchende auf die Fachstelle Fair mieten – Fair wohnen verwiesen.
Bei der Beschreibung der durch das AGG ermöglichten Ausnahmeregelungen und deren Gefahren schließt sich eine fachliche Einordnung der rechtlichen Lage an. Für den Artikel befragte Expert*innen plädieren hier für eine Überarbeitung des AGG, da die Schutzfunktion ansonsten nicht ausreichend ist. Insbesondere die Regelungen in § 19 Absatz 3 AGG werden kritisiert, weil sie in der Praxis als Möglichkeit genutzt werden, Menschen aufgrund bestimmter Merkmale nicht bei der Wohnungsvergabe zu berücksichtigen, um angeblich sozial stabile Wohnverhältnisse zu gewährleisten.
Im nächsten Abschnitt erhalten die Leser*innen Informationen, was Mieter*innen bei Diskriminierungserfahrungen tun können. Es wird der Kontakt zu Beratungsstellen (ADS, LADS Berlin oder andere Fachberatungsstellen) empfohlen. Es wird empfohlen, ein Gedächtnisprotokoll anzufertigen, um alles Vorgefallene gut dokumentiert zu haben. Falls es Zeug*innen gibt, sollten diese benannt werden. Darüber hinaus wird der Kontakt zu den Vermieter*innen empfohlen, um diese auf Diskriminierung aufmerksam zu machen und eine gütliche Einigung anzustreben. Wenn sich hiervon jedoch nichts erwartet wird oder ein Gespräch keine Lösung einbringt, kann in einem nächsten Schritt die Meldung der Diskriminierung bei einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle erfolgen. Als letzter Schritt, wenn vorher keine Klärung beziehungsweise Einigung erzielt worden ist, wird auf die Möglichkeit der Klage hingewiesen.
Abgerundet werden die zur Verfügung gestellten Informationen durch fünf Beispiele aus der Beratungspraxis unterschiedlicher Stellen. In vier Fällen geht es um Diskriminierung bei der Wohnungsvergabe.
In einem Fall wird jedoch auch auf eine aus der Praxis immer häufig berichtete Konstellation verwiesen, nämlich dass Nachbar*innen sich ohne nachvollziehbare Gründe über einzelne Mietparteien bei den Vermieter* innen beschweren, sodass am Ende einer Kette von Beschwerden den beschuldigten Mieter*innen die Kündigung angedroht wird. Die Vorwürfe richten sich zum Beispiel gegen ausländische Mieter*innen oder People of Colour.
Für den Artikel hat das Redaktionsteam verschiedenste Expert*inneninterviews geführt, die im Beitrag zu Wort kommen.
Stimmen aus der Praxis und Wirksamkeit
Die Initiative aus der Redaktion ist innerhalb des Unternehmens sofort auf offene Ohren gestoßen. Kurz vor dem Startschuss zur Recherche hatte es auch eine Beschwerde einer Nutzerin über ein rassistisches Inserat gegeben, deshalb erging von Leitungsebene schnell der Auftrag zur Erarbeitung eines entsprechenden Informationsangebots an die Redaktion.
Wenn man sich viel mit dem Wohnungsmarkt beschäftigt, so Caroline Schiko, sei klar, dass es ohnehin schon schwer ist, auf dem angespannten Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. Wenn dann noch Diskriminierung dazukommt, würde es für die Betroffenen unerträglich, so Schiko.
Es war deshalb ein großes Anliegen, für Diskriminierung am Wohnungsmarkt zu sensibilisieren. Auf der Onlineplattform gibt es die Möglichkeit, auch Menschen für ein Thema zu sensibilisieren, die sich ansonsten weniger Gedanken darüber machen. „Mit dem Artikel können wir auch weiße, privilegierte Menschen darauf hinweisen, dass es Diskriminierung und Ungerechtigkeit gibt. Viele können sich die Probleme nicht vorstellen, weil sie sie noch nie hatten“, sagt Caroline Schiko.
Einbettung der Maßnahme
Die Immowelt Gruppe setzt intern auf eine Diversity-Politik, deshalb wird zum Beispiel auch bei der Bebilderung auf der Onlineplattform darauf geachtet, dass Vielfalt abgebildet wird.
Tipps für die Übertragung
Ein Artikel wie dieser auf der Website von Immowelt ist nicht ohne Weiteres reproduzierbar. Grundsätzlich können aber auch andere Wohnungsmarktakteur*innen es sich zur Aufgabe machen, für Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu sensibilisieren. Hierfür braucht es nicht per se ein eigenes Redaktionsteam beziehungsweise selbst verfasste Artikel. Es könnten auch Links zu Landesantidiskriminierungsstellen, zur Antidiskriminierungsstelle des Bundes – oder der Fachstelle ‚Fair mieten – Fair wohnen‘ eingepflegt werden.
