Navigation und Service

Senat von Berlin und landeseigene Wohnungsunternehmen Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ (KoopV)

Mit der Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und landeseigenen Wohnungsunternehmen soll ein Beitrag zur Reduzierung von Belastungen durch Mietsteigerungen und zum Ausbau des Wohnungsangebots für einkommensschwächere Gruppen geleistet werden.

Art des Wohnungsmarktakteurs:
Kommunales / landeseigenes Wohnungsunternehmen
Diskriminierungsmerkmale:
Sozioökonomischer Status
Durchführung:
Land Berlin seit 2017
Weitere Maßnahmen gegen Diskriminierung im Wohnungswesen:

Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen, Förderung sozialen Wohnungsbaus, weitere Vereinbarungen mit Wohnungsunternehmen zu Miethöhen und Wohnungsvergaben, Auflagen für Baulandvergabe durch das Land Berlin und Förderung, gemeinsame Homepage aller landeseigenen Wohnungsunternehmen mit Wohnungsangeboten

Kontakt

Sekretariat der Wohnraumversorgung Berlin AöR E-Mail: soraya.hassoun@senstadt.berlin.de Telefon: (030) 26 39 399-0

Angaben zum Wohnungsmarktakteur

Die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Bauen und der für Finanzen des Landes Berlin sowie die Wohnraumversorgung Berlin – Anstalt öffentlichen Rechts (WVB) und die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) sind die Partner in der Kooperationsvereinbarung. Ende 2021 umfasste der kooperationsrelevante Bestand rund 340.000 Wohnungen und stellt damit ungefähr ein Fünftel des gesamten Berliner Mietwohnungsbestands dar. Mit dem Monitoring, der Evaluation und der fachlichen Weiterentwicklung der die landeseigenen Wohnungsunternehmen betreffenden politischen Leitlinien ist die WVB beauftragt.

Ausgangslage und Motivation

Das Merkmal des sozioökonomischen Status wird durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht geschützt. Gleichwohl ist Diskriminierung beim Zugang zu Wohnen aufgrund der sozialen Lage sehr weit verbreitet. Das kann bedeuten, dass in der Konkurrenz um Wohnraum die solventesten Mieter*innen den Zuschlag bekommen oder Transferleistungsbeziehende gar nicht berücksichtigt werden. Benachteiligung wegen der sozioökonomischen Lage bedeutet aber auch und vor allem, dass die Anmietung von Wohnungen aufgrund zu hoher Mietpreise für viele Haushalte nicht in Frage kommt oder Wohnungen nach Mietsteigerungen nicht gehalten werden können. Dies führt zu einer verschärften Konkurrenz der einkommensschwachen Haushalte um wenige leistbare Wohnungen und zu Verdrängung. Besonders schwierig ist die Situation für Familien und Personen mit zusätzlichen Zugangshürden. Zugleich geht die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin zurück, weil Wohnungen, die mit öffentlicher Förderung im sozialen Wohnungsbau errichtet wurden, je nach Förderjahrgang nur für maximal 30 Jahre Mietpreisbindungen unterliegen und bedürftigen Personen vorbehalten sind. 2022 gibt es knapp 90.000 Sozialwohnungen in Berlin, bei 775.800 Menschen, das heißt 38,4 Prozent der Bewohner*innen Berlins, die potenziell sozialwohnungsberechtigt sind (Verordnung über die Abweichung von den Einkommensgrenzen des Wohnraumförderungsgesetzes, 2020).

Infolge der spürbaren Mietsteigerungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt entstanden in Berlin viele Mieteninitiativen, und eine adäquate Wohnraumversorgung wurde zu einem wichtigen Thema. 2012 vereinbarten die landeseigenen Wohnungsunternehmen mit dem Senat ein Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten. Im Nachgang zur Diskussion um den Mietenvolksentscheid ab 2014 wurde mit dem Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin 2015 die Anstalt öffentlichen Rechts Wohnraumversorgung Berlin (WVB) geschaffen. 2017 wurde unter Mitwirkung der WVB die Kooperationsvereinbarung Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung (KoopV) zwischen dem Land Berlin und den städtischen Wohnungsunternehmen geschlossen. Diese erhielt in den Jahren 2021 und 2022 Ergänzungsvereinbarungen.

Zielsetzung dieses Instruments ist es, den Bestandszuwachs durch Neubau und Ankauf bei den LWU verbindlich festzuschreiben, einen sozialen Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu schaffen und durch ein jährliches Monitoring Transparenz herzustellen.

Maßnahmenbeschreibung

Das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarungen definieren Kriterien einer sozialen Bestandsbewirtschaftung sowie einer sozial ausgerichteten Wohnungsbaupolitik und stärken die städtischen Wohnungsbaugesellschaften bei der Umsetzung ihrer besonderen sozialen Verpflichtung. Die Ausgestaltung der Kooperationsvereinbarungen ist originäre Aufgabe des Landes Berlin. Grundprämisse war, dass die sozialen Ziele unter gleichzeitiger Gewährleistung der wirtschaftlichen Stabilität der Wohnungsunternehmen erreicht werden sollen. Die Eckpunkte dieser Kooperationsvereinbarung liegen in vier Sprachen vor.

Die Kooperationsvereinbarungen regeln eine Vielzahl unterschiedlicher Punkte. Neben dem geplanten Ausbau der Bestände durch Neubau und Zukauf finden sich Regelungen, dass ein verbindliches Kontingent an Wohnungen einkommensschwachen Haushalten zur Verfügung gestellt und Belastungen durch Mieten begrenzt werden sollen. Die Vereinbarung legt fest, dass 63 Prozent der wiedervermieteten Bestandswohnungen maximal zur örtlichen Vergleichsmiete an solche Haushalte vermietet werden sollen, die berechtigt sind, einen Wohnberechtigungsschein (WBS) zu erhalten. Dabei reicht eine Einkommensprüfung durch das Wohnungsunternehmen aus, ein Wohnberechtigungsschein ist nur für Sozialwohnungen erforderlich. So erhalten auch einkommensschwache Haushalte Zugang zu diesen Wohnungen, die keinen Wohnberechtigungsschein beantragen.

Durch diese Quotierung steigt der Anteil der für untere Einkommensgruppen verfügbaren Wohnungen im Bestand der landeseigenen Wohnungsunternehmen deutlich. Ein Viertel der so vergebenen Wohnungen müssen zudem an Menschen mit besonderen Wohnbedarfen – unter anderem Transferleistungsbeziehenden, Obdachlosen, Geflüchteten, Studierenden und Menschen im betreuten Wohnen – vergeben werden. Über einen verpflichtenden Anteil geförderter Neubauwohnungen in Höhe von 50 % hinaus gibt es auch im freifinanzierten Wohnungsneubau Quoten für die Vermietung an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein (bis max. 240 % BEG) zu maximalen Miethöhen. Ein weiterer Schwerpunkt der Vereinbarung ist die Absicherung sozialverträglicher Mieten durch eine Beschränkung der Mietanpassungen und Modernisierungsumlagen, die strenger als die gesetzlichen Vorgaben ist. Weitere Regelungen sehen individuelle Betreuung von Mieter*innen bei Mietrückstand, Maßnahmen zur Vermeidung von Wohnungsverlust aufgrund von Mietrückständen, Mitwirkungsmöglichkeiten durch Mieterräte sowie die Möglichkeit vor, einen Antrag auf Überprüfung der Miethöhe zu stellen, wenn sie mehr als 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens beträgt.

Die Kooperationsvereinbarung ermöglicht es den landeseigenen Wohnungsunternehmen auf Antrag bei der zuständigen Senatsverwaltung abweichende Wiedervermietungsquoten für einzelne Quartiere zu vereinbaren. Diese Ausnahmeregelung ist auf Basis des alle zwei Jahre erscheinenden „Monitoring Soziale Stadtentwicklung“, das die sozialräumliche Entwicklung der Berliner Quartiere darstellt, zu begründen.

Stimmen aus der Praxis und Wirksamkeit

Das Berichtswesen im Rahmen des jährlichen Monitorings zeigt, dass im Jahr 2021 die Ziele der Kooperationsvereinbarung erreicht wurden. Die angestrebte Quote bei Wiedervermietung wurde leicht übererfüllt, dabei konnten viele besonders einkommensschwache Haushalte berücksichtigt werden. Auch die Quote bezogen auf Menschen mit besonderem Wohnbedarf wurde übererfüllt. Seit 2017 wurde so von den landeseigenen Wohnungsunternehmen rund ein Drittel aller wiedervermieteten Bestandswohnungen an Menschen mit besonderem Wohnbedarf vermietet. Die Ziele im Hinblick auf sozialverträgliche Vermietung im Neubau und den Ankauf von Wohnungen wurden ebenfalls umgesetzt und so wurde eine langfristige Sicherung von preiswertem Wohnraum erreicht.

Im Bericht ist auch die Anzahl fristloser Kündigungen, Beratungen und Rücknahmen dieser Kündigung dokumentiert, ebenso die Anzahl der Zwangsräumungen und der Personen, die die Härtefallregelung wegen zu hoher Miete in Anspruch genommen haben. Dabei zeigt sich, dass die Zahl der Zwangsräumungen abgenommen hat und die Inanspruchnahme der Härtefallregelung nach wie vor gering ist. Der Monitoringbericht der Wohnraumversorgung Berlin für 2021 bilanziert entsprechend, dass die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung ein „großer Erfolg für die soziale Wohnraumversorgung in Berlin“ ist. Durch die Kooperationsvereinbarungen stehen erheblich mehr Wohnungen zur Verfügung. Seit Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung, bilanziert der Jahresbericht 2021, werden „mindestens 60 Prozent der jährlich frei werdenden Wohnungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen faktisch wie Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus behandelt“ – 2013 lag dieser Anteil noch bei 40 Prozent.

Die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt Fair mieten – Fair wohnen sieht positive Effekte der Vereinbarung. So werden Personen, die aufgrund sozioökonomischer Benachteiligung und häufig auch anderer Merkmale von Diskriminierung betroffen sind, bei der Vergabe von Wohnraum besonders berücksichtigt. Auch wenn nicht explizit benannt ist, dass es in dem Instrument um die Prävention von Diskriminierung gehe, sei doch der Effekt gegeben, es handle sich im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des Landesantidiskriminierungsgesetzes Berlin um eine positive, nachteilsausgleichende Maßnahme.

Gleichzeitig stehen Vorschläge zur Weiterentwicklung und Verbesserung in der Diskussion. So könnten neben dem Einkommen auch andere Dringlichkeitsaspekte in die Auswahl einfließen. Hierbei könnte das Münchner Modell (vergleiche Stadt München) mit einem Priorisierungssystem mit vereinfachtem Ampelsystem als Orientierung dienen

Einbettung der Maßnahme

Neben dem Wohnraumversorgungsgesetz und den Kooperationsvereinbarungen gibt es weitere Aktivitäten des Landes Berlin zur sozialen Wohnraumversorgung. Zur Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit mittlerem und niedrigem Einkommen wurde aktuell zwischen dem Land Berlin, privaten Akteuren der Wohnungswirtschaft, den LWU und Genossenschaften das Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen geschlossen. Für spezifische Zielgruppen wurde eine Vereinbarung Wohnungen für Flüchtlinge und ein Kooperationsvertrag Geschütztes Marktsegment (GMS) für Wohnungsnotfälle abgeschlossen, an der sich auch einige private Wohnungsunternehmen beteiligten. Weitere Instrumente sind der geförderte Wohnungsbau, das Verknüpfen von Konditionen an die Bereitstellung kommunaler Grundstücke und das Kooperative Baulandmodell. Ebenfalls zu nennen sind die von der Wohnraumversorgung Berlin AöR koordinierten gemeinsamen Aktivitäten der landeseigenen Wohnungsunternehmen. Diese bieten auf der Homepage inberlinwohnen.de einen niedrigschwelligen, weil gebündelten Zugang zu den Wohnungsangeboten der landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie ein gemeinsames Wohnungstauschportal.

Tipps für die Übertragung

Eine Übertragung der Kooperationsvereinbarung auf andere Kommunen und Stadtstaaten wird als sinnvoll erachtet. Kooperationsvereinbarungen sind andernorts nicht gängig. Zwar gibt es überall Satzungen, diese formulieren jedoch den sozialen Auftrag sehr allgemein. Klare Vereinbarungen können sicherstellen, dass Haushalte mit einem unteren und mittleren Einkommen von kommunalen Wohnungsunternehmen angemessen versorgt werden. Allerdings sind Kommunen immer nur begrenzt handlungsfähig, steigende Bau- und Bodenpreise erschweren die Bereitstellung leistbarer Wohnungen.

Das offizielle Logo vom Senat von Berlin