Studie „Out im Office?!“ zur LSBT*-Arbeitssituation: Weiter hohes Ausmaß an Diskriminierung 19.07.2017
Die Zahl der lesbischen und schwulen Beschäftigten, die am Arbeitsplatz offen mit ihrer sexuellen Identität umgehen, hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Knapp ein Drittel (28,9 Prozent) der Befragten spricht mit allen Kolleginnen und Kollegen offen über dieses Thema.
2007 waren es nur 12,7 Prozent. Ein Drittel (30,5 Prozent) spricht dagegen mit niemandem oder nur mit wenigen Personen am Arbeitsplatz über die eigene sexuelle Identität. Dies war 2007 noch für 51,9 Prozent der Fall. Auch gegenüber Führungskräften wächst die Offenheit. Gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten, die angeben, bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt zu haben, unverändert hoch. Drei von vier Befragten (76,3 Prozent) berichten davon.
Das sind die zentralen Befunde der Studie „Out im Office?!“ zur Arbeitssituation lesbischer, schwuler, bisexueller und Trans*-Beschäftigter in Deutschland, die das Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung (IDA) in Kooperation mit der Hochschule Fresenius erhoben und gemeinsam mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes am Mittwoch vorgelegt hat. An der Befragung haben zwischen Februar und Mai 2017 insgesamt 2884 lesbische, schwule, bisexuelle und Trans*-Beschäftigte teilgenommen. Die Erhebung ist eine Neuauflage der gleichnamigen Untersuchung aus dem Jahr 2007. Erstmalig wurde auch die Situation von bisexuellen und transgeschlechtlichen Beschäftigten in den Blick genommen. Die Antidiskriminierungsstelle hat die Studie gefördert.
"Die Befragung zeigt leider deutlich:
LSBT*-Personen erleben am Arbeitsplatz Ausgrenzung, Mobbing und Belästigungen"
, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. "Wir sehen aber auch: Das gewandelte gesellschaftliche Klima schlägt sich in den Unternehmen nieder. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können heute offenerer mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen als noch vor zehn Jahren. Unternehmen können und sollten das unterstützen – indem sie Diskriminierung sichtbar ahnden und eine offene Unternehmenskultur fördern, zum Beispiel durch mehr Diversity-Trainings."
Dr. Dominic Frohn, wissenschaftlicher Leiter des IDA, ergänzte: "Auf diese Weise wird nicht nur für
LSBT*-Beschäftigte die Arbeitssituation verbessert, sondern auch die Unternehmen profitieren deutlich. Denn die Zahlen belegen: Je selbstverständlicher die Beschäftigten mit ihrer sexuellen Identität umgehen können, desto höher sind ihre Arbeitszufriedenheit und Verbundenheit mit dem Unternehmen. Besonders freue ich mich, dass wir in der neuen Stichprobe den Anteil transgeschlechtlicher Beschäftigter verzehnfachen und auf diese Weise erstmalig belastbare Aussagen zur Arbeitssituation dieser Personengruppe treffen können."
Unter den befragten transgeschlechtlichen und bisexuellen Beschäftigten ist ein Coming-out am Arbeitsplatz auch 2017 deutlich seltener als bei lesbischen und schwulen Beschäftigten. 69 Prozent der Trans*-Personen bzw. 56 Prozent der bisexuellen Beschäftigten gehen nicht oder nur gegenüber wenigen Kolleginnen oder Kollegen offen mit ihrer Geschlechts- bzw. sexuellen Identität um; für 70 Prozent bzw. 61 Prozent gilt dasselbe gegenüber Führungskräften. Auch erleben transgeschlechtliche Beschäftigte wesentlich häufiger direkt arbeitsplatzrelevante Diskriminierung (also zum Beispiel Kündigungen, Versetzungen oder verweigerte Einstellungen) als lesbische, schwule und bisexuelle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im August 2006 gegründet worden. Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.