Navigation und Service

Vortrag von Bernhard Franke, Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, beim 5. Ländertreffen der für Antidiskriminierung zuständigen Stellen in Baden-Württemberg 25.02.2019 | Redner*in: Bernhard Franke

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Anwesende,

ich danke herzlich für die Einladung, Ihnen die aktuellen Pläne der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorzustellen.

Und ich freue mich sehr, dass die Ländertreffen nun eine so feste Institution sind, dass mehr und mehr Länder feste Ansprechpersonen für das Thema Antidiskriminierung oder sogar eigene Beratungsstellen haben.

Und wie sich an der beeindruckenden Best-Practice-Liste sehen lässt, die im Vorfeld an alle Teilnehmenden geschickt wurde, haben die Länder mittlerweile Beeindruckendes vorzuweisen.

Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben wir seit vielen Jahren die Hoffnung: Dass es in absehbarer Zeit ein möglichst flächendeckendes Angebot für Betroffene von Diskriminierung gibt.
Und wenn wir bis dahin auch noch ein gutes Stück zu gehen haben, so kommen wir diesem Ziel doch mit dem Engagement der Länder immer wieder ein gutes Stück näher.

Als Antidiskriminierungsstelle des Bundes stehen wir gern bereit, diese Schritte weiter zu unterstützen. Und wir freuen uns über einen engen Austausch und eine gute Vernetzung, wie sie solche Treffen wie heute auch möglich machen.

Damit möchte ich zu einem übergreifenden Thema kommen, bei dem Ihre Unterstützung hochwillkommen ist: Unser Vierter Gemeinsamer Bericht an den Bundestag. Unser letzter Bericht erschien zum Ende der Legislaturperiode. Das wollen wir diesmal anders machen und mit unseren Empfehlungen noch auf die aktuelle Regierungskoalition einwirken. Das bedeutet aber auch, dass unser Zeitrahmen diesmal deutlich knapper ist: Wir hoffen, den Bericht im Herbst 2020 vorlegen zu können.

Wir werden wie immer einen allgemeinen Teil mit Daten zu Antidiskriminierung haben – und hier sind wir auch auf Ihre Zulieferungen und Erkenntnisse angewiesen, die wir noch abfragen werden. Unser Schwerpunktthema ist diesmal die Diskriminierung im Bereich der privaten Dienstleistungen und des Zugangs zu öffentlichen Gütern. Es geht hier um typische Fallkonstellationen, um rechtliche Schutzlücken, das Diskriminierungsrisiko der fehlenden Barrierefreiheit, sowie natürlich auch Empfehlungen zum Abbau von Diskriminierung.

Der Bericht an den Bundestag ist, wie Sie wissen, sozusagen unser laufendes Geschäft. Darüber hinaus haben wir in diesem Jahr noch einiges vor, das ich Ihnen nun gern vorstelle.

All unsere Maßnahmen, Projekte und sonstigen Vorhaben stehen unter dem Dach „Konsequente Durchsetzung und Stärkung des Diskriminierungsschutzes in Deutschland“. Dieses „Dach“ steht auf drei Säulen:

1.) Die erste Säule haben wir unter das Motto „Betroffene hören, unterstützen und stärken“ gestellt.

Wie wollen wir das erreichen? Durch weiterhin gute Beratung, durch anschauliche Aufklärung und Sensibilisierung und nachhaltige Projekte. Ich möchte Ihnen zwei davon näher vorstellen: Einer unserer Schwerpunkte dafür in diesem Jahr ist die weitere Befassung mit dem Thema der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.

Durch #metoo haben sich die Anfragen bei uns nach Vorträgen und Workshops vervielfacht. Klar ist: Es fehlt Betrieben immer noch an Grundlagenwissen, aber was noch viel schwerer wiegt: Betroffenen wird es nach wie vor oft nahezu unmöglich gemacht, überhaupt gegen sexuelle Belästigung vorzugehen.
Die Gründe dafür sind komplex. Deshalb werden wir in diesem Jahr eine große Studie vorstellen, die einerseits noch einmal aufzeigen soll, wie viele Personen überhaupt betroffen sind.

Für uns noch zentraler ist es aber, mit der Studie die Perspektive betroffener Frauen und Männer und der institutionellen Umfelder zu erfassen. Wir wollen zeigen, welche Hindernisse es gibt und wie ein Vorgehen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gelingen kann. Aus der Studie sollen effektive und nachhaltige Präventionsmaßnahmen entwickelt werden sowie praxisnahe Handlungsempfehlungen für Betroffene, Arbeitgeber, Unterstützungsstrukturen und den Gesetzgeber.

Flankiert wird die sicher presseöffentlich sehr wirksame Studie von einem Fachgespräch und einem Erklärfilm, der klar aufzeigen soll, wie sich Betroffene für ihre Rechte einsetzen können.

Ein weiterer Schwerpunkt im Bereich der Stärkung von Betroffenen ist das Thema Diskriminierung im Bildungsbereich.

Wir werden in diesem Jahr zum dritten Mal gemeinsam mit dem Cornelsen Verlag den Wettbewerb fair@school ausrichten, bei dem Preise für herausragende Schulprojekte gegen Diskriminierung verliehen werden. Die Frist zur Einreichung läuft noch bis Mitte März, im Frühsommer findet dann die Preisverleihung in Berlin statt. Wir haben aber auch die Hochschulen im Blick: Hier fragen wir ab, welche Hochschule eine Beschwerdestelle eingerichtet hat und wollen ein Good-Practice-Portal für Hochschulen schaffen.

Betroffene zu unterstützen, heißt für uns auch, besonders marginalisierte Gruppen zu unterstützen, für Sensibilisierung gegenüber dieser Gruppe und auch für neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu sorgen, die den Einsatz gegen Diskriminierung verbessern. Wir wollen daher in diesem und im kommenden Jahr Forschung zu Ursachen, Erscheinungsformen und/oder den Auswirkungen von Rassismus und rassistischer Diskriminierung von Schwarzen Menschen in Deutschland ermöglichen. Damit wollen wir einen Beitrag für eine bessere qualitative oder quantitative Datenlage leisten. Zudem sollen auf Basis der Forschungsergebnisse konkrete Maßnahmen entwickelt werden, die zur Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Diskriminierung beitragen.

2.) Kommen wir zu unserem zweiten Schwerpunktbereich: Kräfte bündeln im Kampf gegen Diskriminierung und für Gleichbehandlung / Diversity.

Es ist uns wichtig, dass starke Partner_innen gemeinsam gegen Diskriminierung vorgehen – in den Ländern, in den Kommunen, im zivilgesellschaftlichen Bereich und bei privaten Arbeitgebern. Einen Unseren zentralen Förderschwerpunkt legen wir daher in diesem Jahr auf Partnerprojekte. Unter dem Motto „Partnerschaften für einen diskriminierungsfreien Arbeitsmarkt stärken - Kräfte bündeln“ fördern wir innovative, nachhaltige und bundesweit interessante Gemeinschaftsprojekte.

Akteur_innen der Zivilgesellschaft sollen hierbei gemeinsam mit starken Partner_innen aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Interessenvertretungen wirksame Instrumente entwickeln, um Diskriminierungen in der Arbeitswelt zu verhindern oder zu beseitigen. Für unseren Förderschwerpunkt stellen wir bis zu 550.000 Euro bereit.

Wir wollen unter dem Motto „Kräfte bündeln“ aber auch die Vernetzung weiter vorantreiben. Dazu gehören natürlich der regelmäßige Austausch mit Beratungsstellen und die rechtliche Unterstützung bei der Antidiskriminierungsberatung. Wir wollen aber auch prüfen, wie wir Unternehmen dabei unterstützen können, sich besser für Vielfalt einzusetzen.

Am 13. März verleihen wir erneut Zertifikate an Unternehmen, die im Rahmen unseres gb-checks haben untersuchen lassen, wie weit Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei ihnen vorangekommen ist und wo Änderungsbedarf besteht. Nun wollen wir aber weitergehen: Wir prüfen, wie ein „Diversity-Check“ gestaltet sein könnte, der weit über das Thema Geschlecht hinausgeht. Wir wissen, dass hier ein großes Interesse seitens der Unternehmen besteht.

3.) Unsere dritte letzte Säule haben wir sehr selbstbewusst benannt: Deutschland zum Vorreiter der Antidiskriminierung machen. Da werden die Vorhaben dieses Jahres natürlich nicht ausreichen… aber Schritt für Schritt kommen wir voran. Ganz wichtig ist uns hier, die Weiterentwicklung des AGG einzufordern und voranzutreiben. Das Thema einer möglichen Merkmalserweiterung wird uns in diesem Jahr beschäftigen. Neben einer Studie planen wir hierzu eine Umfrage und eine Fachveranstaltung, um dieses doch sehr komplexe und spannende Thema anzugehen.

Ein anderes ganz aktuell vieldiskutiertes Thema wird uns ebenfalls beschäftigen: Die Diskriminierungsrisiken durch Algorithmen. Hierzu haben wir eine umfassende Studie gefördert, die wir in diesem Jahr vorstellen werden.

Soweit ein grober Überblick über Schwerpunkte unserer Arbeit in diesem Jahr.

Ich möchte Sie auch noch darauf hinweisen, dass wir in diesem Jahr erstmals einen Jahresbericht veröffentlichen werden, der in den kommenden Wochen erscheinen und in einer Pressekonferenz vorgestellt wird. Denn wir finden, was wir tun, muss noch besser einem breiten Publikum bekannt gemacht werden. Das fängt bei den steigenden Beratungszahlen an. Wir wollen in dem Bericht einige zentrale Projekte aus unserer Arbeit zeigen, aber auch gesellschaftlich relevante Entwicklungen beim Thema Antidiskriminierung beleuchten.

Soweit ein Überblick über unsere zentralen Vorhaben in diesem Jahr. Sie sehen auf unserer Liste, dass wir noch deutlich mehr geplant haben. Gern stehe ich Ihnen daher jetzt Rede und Antwort, wenn Sie Fragen haben.

Vielen Dank!